Rheinische Post Krefeld Kempen
Wieder zurück in den Job
Jobcenter und Agentur für Arbeit wollen Mütter mit dem Workshop „Zusammen stark“dabei unterstützen, nach einer Pause wieder ins Berufsleben einzusteigen. Die Teilnehmerinnen sollen selbstbewusster werden und Ziele formulieren.
VIERSEN Zehn Mütter auf Jobsuche machen sich gegenseitig Mut, üben Vorstellungsgespräche, tauschen sich über Kinderbetreuung aus:„Ich dachte zuerst, das wäre eine Selbsthilfegruppe“, sagt Veronika Defeld. Die 33-Jährige hat am Workshop „Zusammen stark“des Jobcenters Kreis Viersen und der Agentur für Arbeit Krefeld/Kreis Viersen teilgenommen. Er richtet sich an Mütter, die wieder ins Berufsleben ein-
„Der Workshop ist darauf ausgerichtet, dass die Frauen sich
motivieren“
Gaby Wienges-Haupt
Agentur für Arbeit
steigen möchten.„Ich hatte erstmal keine Erwartungen an den Kursus“, erzählt Defeld – „und dann war ich überrascht, was ich alles mitnehmen konnte“. Sechs Monate lang suchte die gelernte Erzieherin eine Stelle, möglichst in Viersen, wo sie mit ihrer vierjährigen Tochter Greta lebt. Als ein Angebot der evangelischen Kindertagesstätte Arche Noah kam, war sie glücklich und sagte zu. Ohne den Workshop wäre sie wohl immer noch auf der Suche, ist Defeld sicher.
Drei Workshops „Zusammen stark“haben Jobcenter und Arbeitsagentur seit 2017 angeboten, der nächste soll im November starten. Jede Gruppe hat bis zu 15 Teilnehmerinnen. Sie treffen sich wöchentlich, an sieben Vormittagen. Mit dabei sind zwei Mitarbeiter der Abteilung für Chancengleichheit am Arbeitsplatz von Arbeitsagentur und Jobcenter. „Der Workshop ist darauf ausgerichtet, dass die Frauen sich motivieren“, sagt Gaby Wien- ges-Haupt, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Agentur für Arbeit. Die Teilnehmerinnen sollen sich zum Beispiel über ihre Fähigkeiten und Ziele klar werden, aber auch von einem Betreuungsnetzwerk profitieren und so leichter den Weg zurück ins Berufsleben finden.
„Rund 4800 erziehende Menschen in Bedarfsgemeinschaften leben im Kreis Viersen“, sagt Franz-Josef Schmitz, Geschäftsführer des Jobcenters Kreis Viersen, das die Be- darfsgemeinschaften betreut. „Von den 4800 sind 1900 Alleinerziehende.“Das Ziel sei, sie so früh wie möglich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren – dabei soll das Projekt „Zusammen stark“helfen. Angesprochen seien aber auch Elternteile in Bedarfsgemeinschaften.
Veronika Defeld hatte vom Jobcenter eine Einladung zum Workshop bekommen, die Teilnahme ist freiwillig. Bis zur Geburt ihrer Tochter lebte die Alleinerziehende in Essen, arbeitete in einem Kinderheim. Dann zog sie zu ihren Eltern nach Viersen. Die Familie stehe hinter ihr, unterstütze sie. Das sei ein großes Glück. Aber: „Für mich war das anfangs mit das Schwierigste, Greta auch mal bei der Oma zu lassen“, gibt sie zu. Der Gedanke, als Berufstätige das Kind zu vernachlässigen, die Angst davor, nach der Pause im Job nun nicht mehr klar zu kommen: Im Workshop konnte sich die Alleinerziehende mit anderen Müttern austauschen, die ähnliche Sorgen und Ängste plagen. „Meine Persön-
lichkeit hat sich dadurch gestärkt. Ich denke, mein Selbstbewusstsein wäre ohne die Teilnahme nicht so gewachsen“, sagt die 33-Jährige. Vor allem hat sie gelernt,„mich nicht unter Wert zu verkaufen“. So habe sie etwa Angebote für Stellen in Neuss und Krefeld abgelehnt: „Das war zu weit weg, das ließ sich mit Gretas Kita-Zeiten nicht vereinbaren.“
Jetzt arbeitet Defeld 30 Stunden in derWoche in der Kita Arche Noah an der Königsallee in Viersen. „Sie ist eine sehr zuverlässige Mitarbeiterin“, lobt Kita-Leiterin Ina Huschyar, die froh ist, eine neue Erzieherin gefunden zu haben. Denn davon gebe es wenige auf dem Arbeitsmarkt. „Alle pädagogischen Bereiche sind unterbesetzt“, ergänzt Schmitz. Mit Weiterbildungen und Projekten wie „Zusammen stark“wollen Jobcenter und Agentur für Arbeit gegensteuern. Der Workshop richte sich aber nicht nur an junge Mütter, betont Wienges-Haupt. In Defelds Gruppe sei zum Beispiel auch eine 53-Jährige gewesen, die nach 18 Jahren Pause wieder arbeiten wollte – sie arbeitet jetzt in einem Finanzunternehmen in Viersen.