Rheinische Post Krefeld Kempen
Schlechtes Zeugnis für Weltreiterspiele
Kein Plan, zu wenig Unterkünfte, fast keine Zuschauer – der Auftakt in den USA ging komplett daneben.
TRYON (sid) Bernhard Dornsiepen war stinksauer – und niemand konnte es ihm verübeln.„Das ist ein Schlag in die Fresse für den gesamten Sport“, motzte der 50-Jährige über den katastrophal organisierten Distanzwettbewerb bei denWeltreiterspielen in Tryon. Völlige Planlosigkeit zum Auftakt, dann ein kontroverser Neustart und zum Schluss der Abbruch – das Chaos bei den Langstrecklern wurde zum vorläufigen negativen Highlight der Pan-
„Das ist respektlos uns Reitern, uns Athleten und vor allen Dingen unseren Pferden
gegenüber.“
Bernhard Dornsiepen
Deutscher Distanzreiter
nen-WM in North Carolina.
Als das unwürdige Distanz-Schauspiel am Mittwochabend (Ortszeit) witterungsbedingt abgebrochen wurde, war der erfahrene Dornsiepen „schon mehr als den Tränen nah“, wie er gestand. Dabei war der Abbruch noch die logischste Aktion des gesamtenWettbewerbs, zog der Weltverband FEI doch aufgrund der „potenziell hochgefährlichen Kombination aus Hitze und Feuchtigkeit“den Schlussstrich. Auf die Palme brachte den Sauerländer alles, was zuvor geschehen war. So hatten sich die 131 Distanzreiter um 6.30 Uhr morgens zum Massenstart eingefunden. Blöd nur, dass niemand so genau wusste, wo dieser Start denn überhaupt ist - auch die Organisatoren nicht. Und so passierte es, dass das Rennen an zwei unterschiedlichen Orten begann.
Stattdessen wurden alle Teilneh- mer nach wenigen Stunden zurückgepfiffen, ein Neustart und die Reduzierung der Strecke von 160 auf 120 km war die Folge.„Tumultartige Proteste“soll es unter den Equipeleitern da schon gegeben haben, erzählte die deutsche Verantwortliche Annette Kaiser. Auch Dornsiepen polterte: „Das ist respektlos uns Reitern, uns Athleten und vor allen Dingen unseren Pferden gegen- über.“Noch nicht einmal die Strecke besichtigen durften die Reiter im Vorfeld, denn das Gelände gehört 70 Privatleuten.
Aber nicht nur beim Distanzritt zeigten sich die Veranstalter in Tryon überfordert. Allerorts wird noch gebohrt und gebaggert, schwere Baumaschinen walzen auch nach dem WM-Start über das Gelände. Toiletten sind nur in bestimmten Ge- bäuden nutzbar. Und auch die Zuschauer bleiben aus. So herrschte am ersten Tag auf den Rängen im Dressurstadion gähnende Leere, nur leicht besser sah es beim Western-Reiten aus. Drei große Hotels sollten auf dem Gelände entstehen, gereicht hat es nur für die Fundamente. Viele Pfleger wohnen daher in Zelten, winzigen Holzhütten oder eilig herbeigeschafftenWohnwagen.
Zwar muss man denVeranstaltern zugutehalten, dass Tryon erst 2016 kurzfristig für das kanadische Bromont eingesprungen war. Doch es ist nicht das erste Mal, dass ein Ausrichter mit den Weltreiterspielen, bestehend aus allen acht FEI-Disziplinen, überfordert ist. Einen Ausrichter für die Spiele 2022 gibt es noch nicht - Tryon dürfte ein abschreckendes Beispiel sein.