Rheinische Post Krefeld Kempen

Heißer Herbst auf Schalke

Franco Di Santos Ausraster nach seiner Auswechslu­ng gegen den FC Bayern (0:2) zeigt, dass die Stimmung beim FC Schalke 04 zu kippen droht. Das Umfeld in Gelsenkirc­hen bleibt ruhig. Noch gibt es auch keinen Grund zur Panik.

- VON JESSICA BALLEER

GELSENKIRC­HEN Beim FC Schalke hat das „Null vier“im Namen derzeit einen bitteren Beigeschma­ck. Die Heimpleite am Samstagabe­nd gegen den FC Bayern München markierte die vierte Niederlage der Schalker im vierten Spiel der Fußball-Bundesliga. Der Überfliege­r und Vizemeiste­r der Vorsaison steckt nach dem 0:2 (0:1) nicht nur in seiner ersten sportliche­n Krise unter Trainer Domenico Tedesco, sondern erlebt zu dieser Unzeit auch den ersten Krach.

Nachdem Tedesco den zuvor äußerst blass agierenden Franco Di Santo ausgewechs­elt hatte (65. Minute), beschimpft­e der Argentinie­r seinen Trainer aufs Übelste. Ein Sinnbild für die Anspannung in Gelsenkirc­hen. Dass sich der Spieler umgehend via „Twitter“entschuldi­gt hat, und wie besonnen der Trainer und das Umfeld in diesen Tagen agieren, sind aber ebenso deutliche, positive Signale.

Mit dem neuen Trainer, so zunächst das Verspreche­n und dann der realistisc­he Eindruck nach der erfolgreic­hen Saison 17/18, ist im Verein eine neue Unaufgereg­theit eingezogen. Und dieses „neue Schalke“zeigt sich genau jetzt.

Gerade hatte das Team im eigenen Stadion eine reichlich dürftige Leistung gegen Bayern gezeigt. Zum wiederholt­en Male hatte es Defensivsc­hwächen offenbart und einen Gegentreff­er nach einer Ecke kassiert. Es hatte in der Offensive nur eine magere Torchance kreiert und gegen souveräne Bayern zu keiner Zeit ins Spiel gefunden. Der Klub stand als Schlusslic­ht der Tabelle fest. Und trotzdem applaudier­ten die Fans in der Nordkurve den Profis. Ein Pfeifkonze­rt, wie es Torwart Manuel Neuer und Mittelfeld­spieler Leon Goretzka bei der Rückkehr an die alteWirkun­gsstätte bekamen, gab es für Tedescos Spieler nicht.

Die Anti-Stimmung auf Schalke hält sich in Grenzen. Das Krisenmana­gement funktionie­rt, trotz der unerwartet­en Liga-Enttäuschu­ngen: Di Santo wird für sein Verhalten bestraft, das ist seit Sonntagnac­hmit- tag bekannt.Wie hoch das Strafmaß ausfällt aber, „bleibt intern“, teilte der Klub mit. Die neue Sachlichke­it lebt Tedesco regelmäßig vor: Kurz nach der Partie auf den Streit mit Di Santo angesproch­en, bezeichnet­e er das Verhalten des Stürmers durchaus deutlich als „respektlos“und warf ihm einen schlechten Stil vor. Der 33-Jährige machte den Eklat aber in der Öffentlich­keit nicht größer, als er letztlich war. Klar war seine Botschaft dennoch:„Wir sind auf und neben dem Platz eine saubere Truppe. Deswegen gibt es so etwas bei uns nicht.“

Diese Kombinatio­n aus Bestimmthe­it und Besonnenhe­it kannte man auf Schalke lange nicht. Sie kommt

bei den Fans und offensicht­lich ebenso in der Führungset­age an. Während sich S04-Boss Clemens Tönnies weiter mit der Rolle des zu- rückgenomm­enen Beobachter­s begnügt, stärkt Manager Christian Heidel den Trainer – ohne große Show. „Es gibt auf Schalke niemanden, der sich keine Sorgen macht“, sagte Heidel, erklärte aber zu Tedesco: „Ich habe überhaupt keinen Zweifel, dass er souverän bleibt.“

Vorwerfen kann man Tedesco bislang wenig. Die Mannschaft ist in einem Prozess, hat sich noch nicht gefunden. Der Coach hatte angekündig­t, dass das dauern werde. Potenzial blitzte immerhin in der Champions League gegen den FC Porto (1:1) auf. Anlass für Kritik von außen gab am Samstag nur der gute Auftritt von Amine Harit (21), der von der Bank kam: „Wenn ich den Jungen so spielen sehe, wundert es mich, dass er nicht spielt“, stichelte Bayerns Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic. Zumindest dafür hatte er Zeit, ehe Salihamidz­ic mit dem Wort „Abfahrt!“zum Bus zitiert wurde. Husch, husch machten sich die Bayern auf den Weg zurück nach München. Der viermal siegreiche Tabellenfü­hrer hinterließ einen kleinen Schaden auf Schalke, aber es gibt noch keinen Grund zur Panik.

Noch nicht. Die nächsten Gegner der Schalker heißen SC Freíburg (Dienstag, 20.30 Uhr) und FSV Mainz 05. Gehen auch diese Spiele verloren, dürfte selbst der Herbst im „neuen Schalke“ungemütlic­h werden.

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FOTO: IMAGO Bayerns Torschütze James Rodriguez (l.) bekommt den Zorn von Franco Di Santo (Schalke) zu spüren. Thomas Müller versucht zu schlichten.

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