Rheinische Post Krefeld Kempen
Heißer Herbst auf Schalke
Franco Di Santos Ausraster nach seiner Auswechslung gegen den FC Bayern (0:2) zeigt, dass die Stimmung beim FC Schalke 04 zu kippen droht. Das Umfeld in Gelsenkirchen bleibt ruhig. Noch gibt es auch keinen Grund zur Panik.
GELSENKIRCHEN Beim FC Schalke hat das „Null vier“im Namen derzeit einen bitteren Beigeschmack. Die Heimpleite am Samstagabend gegen den FC Bayern München markierte die vierte Niederlage der Schalker im vierten Spiel der Fußball-Bundesliga. Der Überflieger und Vizemeister der Vorsaison steckt nach dem 0:2 (0:1) nicht nur in seiner ersten sportlichen Krise unter Trainer Domenico Tedesco, sondern erlebt zu dieser Unzeit auch den ersten Krach.
Nachdem Tedesco den zuvor äußerst blass agierenden Franco Di Santo ausgewechselt hatte (65. Minute), beschimpfte der Argentinier seinen Trainer aufs Übelste. Ein Sinnbild für die Anspannung in Gelsenkirchen. Dass sich der Spieler umgehend via „Twitter“entschuldigt hat, und wie besonnen der Trainer und das Umfeld in diesen Tagen agieren, sind aber ebenso deutliche, positive Signale.
Mit dem neuen Trainer, so zunächst das Versprechen und dann der realistische Eindruck nach der erfolgreichen Saison 17/18, ist im Verein eine neue Unaufgeregtheit eingezogen. Und dieses „neue Schalke“zeigt sich genau jetzt.
Gerade hatte das Team im eigenen Stadion eine reichlich dürftige Leistung gegen Bayern gezeigt. Zum wiederholten Male hatte es Defensivschwächen offenbart und einen Gegentreffer nach einer Ecke kassiert. Es hatte in der Offensive nur eine magere Torchance kreiert und gegen souveräne Bayern zu keiner Zeit ins Spiel gefunden. Der Klub stand als Schlusslicht der Tabelle fest. Und trotzdem applaudierten die Fans in der Nordkurve den Profis. Ein Pfeifkonzert, wie es Torwart Manuel Neuer und Mittelfeldspieler Leon Goretzka bei der Rückkehr an die alteWirkungsstätte bekamen, gab es für Tedescos Spieler nicht.
Die Anti-Stimmung auf Schalke hält sich in Grenzen. Das Krisenmanagement funktioniert, trotz der unerwarteten Liga-Enttäuschungen: Di Santo wird für sein Verhalten bestraft, das ist seit Sonntagnachmit- tag bekannt.Wie hoch das Strafmaß ausfällt aber, „bleibt intern“, teilte der Klub mit. Die neue Sachlichkeit lebt Tedesco regelmäßig vor: Kurz nach der Partie auf den Streit mit Di Santo angesprochen, bezeichnete er das Verhalten des Stürmers durchaus deutlich als „respektlos“und warf ihm einen schlechten Stil vor. Der 33-Jährige machte den Eklat aber in der Öffentlichkeit nicht größer, als er letztlich war. Klar war seine Botschaft dennoch:„Wir sind auf und neben dem Platz eine saubere Truppe. Deswegen gibt es so etwas bei uns nicht.“
Diese Kombination aus Bestimmtheit und Besonnenheit kannte man auf Schalke lange nicht. Sie kommt
bei den Fans und offensichtlich ebenso in der Führungsetage an. Während sich S04-Boss Clemens Tönnies weiter mit der Rolle des zu- rückgenommenen Beobachters begnügt, stärkt Manager Christian Heidel den Trainer – ohne große Show. „Es gibt auf Schalke niemanden, der sich keine Sorgen macht“, sagte Heidel, erklärte aber zu Tedesco: „Ich habe überhaupt keinen Zweifel, dass er souverän bleibt.“
Vorwerfen kann man Tedesco bislang wenig. Die Mannschaft ist in einem Prozess, hat sich noch nicht gefunden. Der Coach hatte angekündigt, dass das dauern werde. Potenzial blitzte immerhin in der Champions League gegen den FC Porto (1:1) auf. Anlass für Kritik von außen gab am Samstag nur der gute Auftritt von Amine Harit (21), der von der Bank kam: „Wenn ich den Jungen so spielen sehe, wundert es mich, dass er nicht spielt“, stichelte Bayerns Sportdirektor Hasan Salihamidzic. Zumindest dafür hatte er Zeit, ehe Salihamidzic mit dem Wort „Abfahrt!“zum Bus zitiert wurde. Husch, husch machten sich die Bayern auf den Weg zurück nach München. Der viermal siegreiche Tabellenführer hinterließ einen kleinen Schaden auf Schalke, aber es gibt noch keinen Grund zur Panik.
Noch nicht. Die nächsten Gegner der Schalker heißen SC Freíburg (Dienstag, 20.30 Uhr) und FSV Mainz 05. Gehen auch diese Spiele verloren, dürfte selbst der Herbst im „neuen Schalke“ungemütlich werden.