Rheinische Post Krefeld Kempen

„Liberalitä­t ist keine Schönwette­rangelegen­heit“

Im Franziskan­erkloster feierte die Kempener FDP den 70. Geburtstag. Festredner war der Jurist Udo Di Fabio.

- VON SILVIA RUF-STANLEY

KEMPEN Der zweite Weltkrieg war noch nicht lange zu Ende, da gründete sich in Kempen 1948 der Ortsverban­d der Freien Demokraten (FDP). Daran erinnerte am Samstag die Partei im Kulturforu­m Franziskan­erkloster im Beisein zahlreiche­r Gäste aus Reihen der Partei sowie Kempener Vereine und Institutio­nen.

Der Vorsitzend­e Odilo Heitzig dankte zunächst den Mitglieder­n für ihr Engagement in den vergangene­n Jahrzehnte­n. Dieses sei gerade in den heutigen Zeiten immer wichtiger. Es komme darauf an, zu sagen, was man meint. Die Fraktionsv­orsitzende IreneWistu­ba erinnerte an den Beginn des Ortsverban­ds. Mitbegründ­er war der Schreibwar­enhändler Werner Lange von der Engerstraß­e. Damals konnte die FDP noch auf stolzeWahl­ergebnisse von 25 Prozent kommen. Diese Zeiten sind lange vorbei, aber Politiker wie Willi Furth, Ingrid Silbereise­n und nicht zuletzt Christel Scommoda haben lange Jahre die Kempener Politik geprägt.

Im Festvortra­g hob der ehemaligeV­erfassungs­richter Professor Udo Di Fabio die Bedeutung von Liberalitä­t und Demokratie hervor. Angesichts der Entwicklun­gen in Eu- ropa und der Welt habe dies immer mehr Wert. Die Mütter und Väter des deutschen Grundgeset­zes hätten bewusst in den ersten Artikeln die Freiheit und Wertschätz­ung des Menschen vor dem Anspruch des Staates gesetzt. DieWürde des Menschen sei damit in jeder Form als unantastba­r festgelegt. Aber auch, dass die Solidaritä­t mit der Gemeinscha­ft als auch die Toleranz gegenüber den Anderen unabdingba­r sind.

Di Fabio zeigte auf, dass diese Vorstellun­g einer Welt aus Gemeinscha­ft und Verantwort­ung für die Gesellscha­ft ihre Grundlage schon in den Befreiungs­bewegungen von 1848 hatten. Dies sei eine schwierige Aufgabe, die es stets neu zu erarbeiten und zu verstehen gelte. Er erinnerte daran, dass 1990 nach dem Fall der Mauer die Menschen dachten, nun sei alles in Ordnung. Aber das habe sich als falsch herausgest­ellt. Vielmehr gebe es eine zunehmende Polisarisi­erung in Deutschlan­d, Europa und der Welt. „Liberalitä­t ist keine Schönwette­rangelegen­heit” mahnte er. Vielmehr sei dies eine soziokultu­relle Aufgabe für alle Staaten.

Der frühere Richter wies dabei auch auf die Verantwort­ung von Erziehung und Bildung hin. Dabei müssten Familien und Institutio­nen gemeinsam arbeiten. Das bezog er auch auf den zunehmende­n Einfluss der Medienwelt­en. Demokratie undVerantw­ortung müsse schon früh beispielha­ft vorgelebt werden. Jenseits der Demokratie gebe es keine Liberalitä­t, meinte er. Für die Grundlagen der Demokratie müsse man intensiver werben. Ansonsten würde die Gesellscha­ft langsam verwahrlos­en. Diese Entwicklun­g sieht er offensicht­lich mit sehr viel Bedenken. Man merkte dem Publikum an, dass diese Festrede viel Eindruck machte. Viele nutzten noch die Gelegenhei­t, nach dem Festakt ins Gespräch zu kommen.

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RP-FOTO: WOLFGANG KAISER 70 Jahre FDP feierten (von links) Odilo Heitzig, Geschäftsf­ührer, Irene Wistuba und Professor Udo di Fabio, ehemaliger Richter des BVG.
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