Rheinische Post Krefeld Kempen
Gutachten: Siegauen-Vergewaltiger voll schuldfähig
BONN (hsr) Es ist der wichtigste Tag im Revisionsverfahren um die Vergewaltigung einer Studentin in der Bonner Siegaue: Nahlah Saimeh, Sachverständige für forensische Psychiatrie, stellt am Dienstag im Bonner Landgericht ihr Gutachten über den Angeklagten Eric X. vor. Es geht um die Frage seiner Schuldfähigkeit – der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das erste Urteil aus Bonn teilweise aufgehoben, weil die Richter Zweifel an der Schuldfähig- keit des Angeklagten hatten. Im ersten Verfahren war ihm eine Persönlichkeitsstörung attestiert worden. Er war im Oktober wegen schwerer Vergewaltigung und schwerer räuberischer Erpressung zu elfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden, nachdem er eine 23-Jährige und deren Freund in der Nacht auf den 2. April 2017 beim Zelten in der Bonner Siegaue überfallen hatte. X. bestreitet die Tat.
Die Psychiaterin Saimeh hat mehrere Stunden mit dem Angeklagten in seinem hochgesicherten Haftraum in Fröndenberg gesprochen, getrennt durch eine Plexiglasscheibe. X. gilt als unberechenbar, im ersten Prozess beleidigte und verhöhnte er das Opfer, in der Haft randalierte er immer wieder. Als er seine Zelle im Frühjahr in Brand steckte, war zunächst nicht klar, ob er sich umbringen wollte. Der Gutachterin sagte X. aber, er habe das Feuer aus Frust gelegt, weil er den Richter habe sprechen wollen. „Er hat dann Papiere angezündet und war selbst überrascht, wie schnell das Feuer außer Kontrolle geraten ist“, sagt Saimeh. Fast 30 Prozent seiner Haut waren verbrannt.
Dem Angeklagten liege niemand am Herzen, er sei ein Einzelgänger, wenig empathisch, impulsiv, seine Persönlichkeit sei „deutlich narzisstisch akzentuiert“. Aufgewachsen mit neun Halbschwestern sei X. in seiner Heimat Ghana vom eige- nen Vater wie ein Prinz behandelt worden. Die Familie gehörte zu einer „bevorzugten sozialen Schicht“. Die Sachverständige sieht aber weder eine Persönlichkeitsstörung noch eine seelische Abartigkeit, auch wenn X. einige psychopathische Persönlichkeitsanteile habe. Es sei deshalb verfehlt, ihn als vermindert schuldfähig einzustufen, sagt Saimeh. „Die Tat war hochgradig gesteuert.“Das Urteil fällt am 5. Oktober.