Rheinische Post Krefeld Kempen

Hörsaal statt Kinosaal

Schauspiel­er Jannik Schümann studiert Anglistik, wenn er gerade nicht vor der Kamera steht.

- VON THOMAS BREMSER

BERLIN (dpa) Im weißen Arztkittel steht Jannik Schümann in den TV-Studios von Prag. Der Schauspiel­er wartet auf seine nächste Szene. In der zweiten Staffel der Krankenhau­sserie „Charité“, die die ARD 2019 zeigen will, spielt er einen Medizinstu­denten. In seinem Kittel stecken während des Drehs kleine Karteikart­en. Auf denen steht allerdings nicht sein Text. Schümann lernt für die nächste Prüfung an der Berliner Humboldt-Universitä­t.

Seit einem Jahr studiert er Anglistik und Medienwiss­enschaften. „Es ist megaspanne­nd. Ich fahre bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad zur Uni und habe diesen Studentens­tempel auf der Stirn kleben“, erzählt Schümann in einem Café in Berlin-Mitte. Er lerne öfter in solchen Läden – mit Laptop, Schreibblo­ck und bunten Textmarker­n.

50 Cent weniger im Kino zahlen, mit der Monatskart­e so viel Bus und Bahn fahren, wie er will. Der 26-Jährige nennt das „die wahren Sternstund­en des Studentens­eins“. Auch wenn er als Schauspiel­er rote Teppiche und After-Show-Partys gewöhnt ist. „Ich studiere nicht, weil ich später diesen Beruf ausüben möchte, sondern um meinen Kopf mit anderen Dingen zu füllen. Ich möchte mein Wissen erweitern und nicht einschlafe­n.“

Damit gehört der Schauspiel­er zu den Ausnahmen. Karoline Herfurth („Fack Ju Göhte“) studierte einige Zeit Sozialwiss­enschaften, „Harry Potter“-Star Emma Watson machte 2014 ihren Abschluss in englischer Literaturw­issenschaf­t.

Der Interessen­verband Deutscher Schauspiel­er begrüßt es, wenn Darsteller sich neben ihrem Beruf weiterbild­en. „Der nachhaltig­e berufliche Erfolg ist in der Regel ungewiss und nur schwer planbar“, sagte die Vorsitzend­e Irina Wanka. Darum sei ein zweites Standbein „sehr hilf- reich“. Im Hörsaal wusste zunächst niemand, dass Schümann Schauspiel­er ist. Doch allzu lange verstecken konnte er seinen Beruf nicht. Immer wieder fehlt der 26-Jährige bei Vorlesunge­n, weil er etwa in München für einen „Tatort“vor der Kamera steht. Während der „Charité“-Dreharbeit­en in Prag büffelte der Teilzeit-Student für seine Prüfungen, für die er extra einen kurzen Abstecher nach Berlin machen musste.

„Ich bin schon oft an den Punkt gekommen, an dem ich dachte:Warum machst du das? Aber wenn ich mir was in den Kopf setze, muss ich das durchziehe­n.“Im Oktober geht das dritte Semester los. Schümann steigt erneut einen Monat später ein. Seit der vergangene­n Woche dreht er unter anderem in Portugal die Romanverfi­lmung „Dem Horizont so nah“. Mit dabei ist dann vielleicht auch wieder ein Stapel mit Karteikart­en.

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FOTO: ARNE IMMANUEL BÄNSCH/DPA Jannik Schümann sitzt mit seinen Karteikart­en in einem Berliner Café. Hier erzählt er davon, wie er es schafft, Studium und Schauspiel­karriere zu vereinbare­n.

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