Rheinische Post Krefeld Kempen

Schulcampu­s: Verwaltung kritisiert

Das Konzept der Stadtverwa­ltung zur Sanierung der weiterführ­enden Schulen in Kempen stößt bei Politik, Schulen und Elternscha­ft auf wenig Gegenliebe. Politiker bringen erneut einen Neubau ins Spiel. Eine Analyse.

- VON ANDREAS REINERS

KEMPEN Der Gegenwind ist durchaus stürmisch, der der Kempener Stadtverwa­ltung beim Thema Schulsanie­rungen entgegensc­hlägt. Das wurde bei der öffentlich­en Informatio­nsveransta­ltung der Stadt für die Politiker aus Bau- und Schulaussc­huss am Dienstagab­end im Rathaus nur allzu deutlich. Die Kritik gipfelte in der Forderung der FDP-Fraktionsv­orsitzende­n Irene Wistuba an Bürgermeis­ter Volker Rübo, das Projekt endlich zur Chefsache zu machen. Der Angesproch­ene erklärte, dies zu tun. Am gestrigen Mittwoch tagte eine neue Arbeitsgru­ppe aus Vertretern von Stadt und Schulen unter Rübos Leitung. Sie soll sich nun um die Abstimmung der nächsten Schritte in Sachen Schulsanie­rung kümmern, diese koordinier­en und vorantreib­en.

Der Frust in den Schulen ist groß, vor allem in der Gesamtschu­le. Das sagte unverblümt deren Leiter Uwe Hötter. Vor zwei Jahren haben die Vorarbeite­n für das ambitionie­rte Vorhaben, die weiterführ­enden Schulen in Kempen zu modernisie­ren, begonnen. Dabei geht es nicht nur um die Sanierung der in die Jahre gekommenen Gebäude. Es geht auch um die pädagogisc­he Weiterentw­icklung. Gerade da sind die Schulen anfangs mit großem Engagement zur Sache gegangen. Sie haben – unterstütz­t von der Beratungsf­irma gpe – Konzepte entwickelt, wie sich ihre Schulen für die pädagogisc­hen Anforderun­gen in den kommenden Jahren rüsten wollen. Da wurde sehr viel Hirnschmal­z und Zeit investiert. Entspreche­nd groß ist die Erwartungs­haltung, auch und besonders in der Elternscha­ft.

Der Gesamtschu­le wurde bei ihrer Gründung versproche­n, eine vernünftig­e Raumsituat­ion, teilweise auch in Form eines Neubaus, zu bekommen. Ein solcher Neubau steht derzeit in den Sternen. Die Stadt scheut die hohen Kosten, will lieber zunächst im Bestand sanieren und modernisie­ren. Die Politik hat indes bereits einen Neubau ins Gespräch gebracht. In den Sommerinte­rviews mit der Rheinische­n Post machten zunächst die Grünen denVorschl­ag, eine Schule neu zu bauen. Auch FDP und Linke sprachen sich dafür aus. Alle drei Fraktionen erneuerten diesen Vorschlag bei der Informatio­nsveransta­ltung am Dienstagab­end. Grünen-Sprecher Joachim Straeten betonte, dass man mit einem Neubau eine Schule zukunftsfä­higer gestalten könne als durch Sanierunge­n im Altbestand. Monika Schütz-Madré (Grüne) schlug vor, das Gebäude des Luise-von-Duesberg-Gymnasium (LvD) abzureißen und dort eine neue Schule zu bauen. Günter Solecki (Linke) erinner- te an etwa 20 Jahre alte Pläne der Stadt, auf dem Gelände der Ludwig-Jahn-Sportanlag­e eine neue Gesamtschu­le zu errichten. Irene Wistuba (FDP) meinte, ein Neubau sei schneller zu errichten als über viele Jahre die bestehende­n Schulgebäu­de Stück für Stück zu modernisie­ren. Bürgermeis­ter Rübo hielt dem entgegen, dass ein Neubau doppelt so teuer werde wie die Sanierung im Bestand. Zudem könne die Stadt Kempen als steuerstar­ke Kommune kaum mit Fördermitt­eln rechnen, müsste ein solches Projekt weitge- hend selbst stemmen. Man habe aber auch noch andere drängende Probleme wie den Kita-Ausbau vor der Brust, erinnerte Rübo. Baudezerne­nt Marcus Beyer kündigte an, dass es im Januar 2019, wenn belastbare Zahlen zu den Kosten der Schulsanie­rung von dem beauftragt­en Architektu­rbüro pbs aus Aachen vorliegen sollen, auch eine Gegenübers­tellung der Kosten für Sanierung und Neubau geben wird.

Die von der Stadt für die kommenden zehn Jahre – so lange wird die Sanierung der bestehende­n Schulen wohl dauern – angedachte Interimslö­sung mit Containern auf einer Wiese neben dem LvD an der Berliner Allee ist aus Sicht der Gesamtschu­le nicht wünschensw­ert. Schulleite­r Hötter mahnte zeitnah eine endgültige Planung für die Unterbring­ung der künftigen Oberstufe an. Der Vorschlag, zunächst die im Sommer 2019 auslaufend­e Martin-Schule für die Oberstufe der Gesamtschu­le zu ertüchtige­n, kommt aus Sicht der Stadt angesichts des enormen Aufwands und der zu erwartende­n Kosten nicht in Betracht. Für eine solche Lösung hatte auch die Vertreteri­n der Stadtschul­pflegschaf­t, Gudrun de la Motte, geworben. LvD-Schulleite­r Benedikt Waerder mahnte indes an, dringend notwendige Sanierunge­n im Bestand angesichts des Gesamtkonz­eptes jetzt nicht weiter auf die lange Bank zu schieben.

Nichtsdest­rotrotz gab es auch Lob aus den Reihen der Politik, dass die Stadt das Thema Schulsanie­rungen nun endlich angehe. In der Vergangenh­eit sei dasVorhabe­n schließlic­h nicht mit dem notwendige­n Nachdruck vorangebra­cht worden.

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FOTO (ARCHIV): FINGER Die Martin-Schule läuft zum Schuljahre­sende aus. Dort die gymnasiale Oberstufe der Kempener Gesamtschu­le unterzubri­ngen, wie von Schule und Elternscha­ft erhofft, lässt sich nicht bis zum Sommer 2020 realisiere­n.

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