Rheinische Post Krefeld Kempen
Die vielen Aspekte der Lust
Lars Reichow gastierte im St. Huberter Forum. Er hatte viele bissige Kommentare zum Zeitgeschehen parat. Der Kabarettist war aber auch auf traute Zweisamkeit bedacht.
ST. HUBERT Was wäre das Leben der Menschen ohne Lust? So heißt dann auch das neue Programm von Kabarettist Lars Reichow „Lust!”. Lust hat der Gymnasiallehrer auf vieles, nicht nur auf Zweisamkeit, sondern auch auf bissige Kommentare zur Zeitgeschichte und Politik. Dementsprechend kurzweilig waren seine beiden Abende im St. Huberter Forum.
Eine Hilfe war dabei sicherlich, dass er dank seines Studiums nicht nur wortreich überzeugte, sondern auch musikalisch sehr gut ist. So gibt es ganz romantische Melodien, in denen er der Lust zwischen zwei Menschen mit einem schmunzelnden Auge begegnet. Oder auch ein herrliches Liebeslied auf die Frauen am Niederrhein. Ganz poesievoll beschrieb er sich als Mensch mit allen Begierden, Freuden und Schmerzen, die jeder aus seinem Alltag kennt.
Aber er kann auch anders. Sehr bissig nahm er Stellung zum Regierungskrokodil, dem Grokoloros. Es folgte eine Analyse der Parteien im Bundestag. Schwächelnde Kanzlerin, ein polternder bayrischer Land- tagskandidat, eine scheinbar liberale Partei, Grüne, die auch nicht mehr das sind, was sie einmal waren, und Linke, die wenig zu sagen haben. Nein, die AfD hatte er nicht vergessen. Er ging zum Flügel und sang ein herrlich bissiges Lied gegen alles, was rechts ist.
Genauso nahm Reichow sich die europäische Politik vor. Da bekamen die englischen Politiker mit ihrem Brexit es ebenso ab wie ein Emanuel Macron, der nicht die Hoffnung erfüllt, die man in ihn gesetzt hatte. Ganz zu schweigen vom österreichischen Bundeskanzler Kurz, der mit den Rechten paktiert, oder dem ungarischen Präsidenten Orban, der allen europäischen Idealen widerspricht.
Nach der Pause tauchte Reichow zunächst im Ornat eines Kardinals auf. Und dabei ging es auch um Lust, eben die verbotene Lust der Priester, um das Zölibat und dessen Folgen. Dabei war dies durchaus auch ein verständnisvoller Blick auf die Priester, die auch das Leben genießen wollen und es nun einmal nicht dürfen. Ganz klar hier Reichows Appell, dass man das doch ändern könne.
Schnell war er dann wieder bei der privaten Lust. Wie kann man die Aufregung in einer Beziehung erhalten, fragte er. Bestimmt nicht dadurch, dass einer der beiden heftig schnarcht. Aber da kann man ja auch erfinderisch sein. Das löste vielerlei Schmunzeln im Publikum aus. Insgesamt war dieser Abend ein schöner Auftakt für die diesjährige Kabarettsaison.
Gut kam beim Publikum auch die neue Gastronomie an. Kathrin Hoogen hatte den Thekenbereich mit frischen Farben gestaltet. Der Service war sehr gut.Viele Besucher begrüßten, dass sie nicht lange auf ihre Getränke warten mussten und die Getränkekarte sogar einige Cocktails enthielt. Ein bisschen bekannter werden muss noch, dass es nun kleine Speisen wie ein Süppchen oder Zwiebelkuchen gibt.