Rheinische Post Krefeld Kempen
Kinder nutzen Trimmgerät als Schaukel
Mehrere Anwohner des Trimm-Pfades auf der Schluff-Trasse fühlen sich vom Rathaus und der Politik im Stich gelassen. Die Überprüfung ergab für die Verwaltung keinen Handlungsbedarf, der Jugend- und Sozialausschuss reagierte nicht.
ST. TÖNIS Über diesen Einzelfall hinaus ist es eine typische Geschichte, wie eine öffentliche Verwaltung auf die Probleme ihrer Bürger reagiert, nämlich mit Abwehr, und wie die Parteien vor Ort zwar offiziell die Bürgernähe und den direkten Dialog suchen, aber auf direkte Anfragen nicht reagieren. Silke und Frank Heide, die direkt an der Schluff-Trasse mit dem Trimm-Pfad wohnen, haben sich an alle Fraktionen gewandt und in unbesetzten Partei-Büros auf die Anrufbeantworter gesprochen – der Einzige, der geantwortet hat, war Michael Schütte von der GUT. Er hat nicht nur reagiert, sondern hat Silke Heide besucht, um sich vor Ort ein Bild zu machen.
Um was geht es? Vor wenigen Monaten ist auf der ehemaligen Schluff-Trasse ein Trimm-Dich-Pfad eingerichtet worden. Ausgerechnet die Station vor ihrem Haus macht Probleme – nicht, wenn das Gerät „Double Side Swing und Walker“von Jugendlichen und Erwachsenen so benutzt wird, wie es vorgesehen ist. Dann macht es überhaupt keinen Lärm. Das Problem sind Kinder, die das Gerät als Schaukel zweckentfremden – und bei den weit ausholenden Bewegungen quietscht es eben. In der Woche kommen viele Kinder auf dem Weg zur und von der Schule vorbei, aber auch amWochenende wird das Gerät von Kindern gestürmt, schließlich befindet sich gleich hundert Meter weiter ein offizieller Spielplatz.
Nun lasst die Kinder doch mal spielen, kann man sofort hören. Die Heides sind bei weitem keine „verknöcherten kinderfeindlichen Alten“, die ihre „Friedhofsruhe“haben möchten. Sie wussten, dass die Schluff-Trasse stark frequentiert ist, als sie von Krefeld nach St. Tö- nis zogen und das Haus erwarben. Sie sind auch nicht die Einzigen, die sich aufregen. Eine ältere Nachbarin ist es leid, ständig den Lärm eines „Schwimmbadbetriebes“zu haben, und verzichtet lieber darauf, draußen im Garten zu sitzen.
Silke Heide hat auch nichts gegen den Trimm-Dich-Pfad, im Gegenteil, es geht ihr nur um das eine Teil. Sie schlägt auch nicht vor, es zu versetzen, weil dann andere Nachbarn betroffen wären. Eine mögliche Idee wäre es, das Gerät nach Vorst zu bringen, weil dort das baugleiche Teil im Trimm-Dich-Pfad schon nicht mehr einwandfrei funktioniere.
Für die Verwaltung und für die Tönisvorster Politik ist das Thema allerdings „gegessen“. Ihr Bürgerantrag nach § 24 der Gemeindeordnung wurde am 20. September im Ausschuss für Jugend, Senioren, Soziales und Sport behandelt, die Empfehlung der Verwaltung wurde akzeptiert: Es wird kein weiterer Handlungsbedarf gesehen, alles bleibt so unbefriedigend, wie es ist.
Nun ist es keineswegs so, dass die Verwaltung nichts getan hätte. Neben das Gerät wurde etwa zweieinhalb Meter weiter ein Schild aufgestellt, das verkündet: „Kein Spielgerät. Nutzung ausschließlich zu sportlichen Zwecken“. Und weil sich bereits ein paar Kinder bei dieser „Schaukel“verletzt haben, wurde noch das Wort „Verletzungsgefahr“draufgesetzt.
Zuerst hat sich die Bürgerin an Heike Goßen, zuständig für Spielplätze, gewandt. Diese sprach mit dem Hersteller und schickte Kräfte vom Bauhof vorbei. Als das nicht weiterführte, besuchte Silke Heide die Bürgermeistersprechstunde. Inzwischen hat sie drei Gespräche mit Bürgermeister Thomas Goßen geführt, Anfang Mai erstmalig. Ihren Antrag schrieb sie im Mai, doch in die Juni-Sitzung kam er nicht mehr, und fast wäre der Antrag im September verschwunden, hätte nicht Michael Schütte interveniert. Dann wurden für Juli Lärmmessungen vereinbart und ein Schild versprochen. Und weiter? Die Messungen hätten ergeben, dass die Freizeitlärmrichtlinie NRW eingehalten werde. Das war’s dann aus dem Rathaus.