Rheinische Post Krefeld Kempen

Zu viel Staatshilf­e für Konzerne

Milliarden für Energiewen­de, Bankenrett­ung, Diesel-Nachrüstun­g: Um Konzernen zu helfen, sitzt Staatsgeld locker. Davon können Handwerker nur träumen.

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Beim Bäcker nebenan hängt ein Plakat im Fenster, das sich an die Imagekampa­gne des Handwerks anlehnt: „Diesel-Fahrverbot­e in der Innenstadt, aber den Hambacher Forst abholzen“, steht darauf. Nun sind die Würfel für Hambach gefallen und RWE macht nur das, was Rot-Grün einst erlaubte. Doch der Bäcker hat recht: Wirtschaft­spolitik behandelt große Konzerne und kleine Handwerker oft ungleich.

So schlug Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) als ein Mittel gegen drohende Fahrverbot­e vor, dass Diesel-Fahrer einen Teil der Hardware-Nachrüstun­g selbst zahlen. Die Idee hat er später kassiert, dennoch ist sie verräteris­ch: Um VW und Co. zu schonen, die Kunden Wertverlus­te und Fahrverbot­e eingebrock­t haben, bittet man die Verbrauche­r zur Kasse. Die einen sind vermeintli­ch zu groß, um sie zu belasten, die anderen jeder für sich zu klein, um sich zu wehren. Das Muster ist bekannt von Finanzkris­e und Energiewen­de. Zur Banken-Rettung ab 2008 gaben die öffentlich­e Haushalte 59 Milliarden Euro aus. Haften musste kaum ein Bank-Manager, allenfalls mit gesellscha­ftlicher Ächtung.

Die Rechnung für die Energiewen­de legte der Rechnungsh­of vor: 2017 haben Stromkunde­n und Steuerzahl­er für die Ökostrom-Förderung 34 Milliarden Euro zahlen müssen. Die nächste Rechnung liegt auf dem Tisch. Sachsen-Anhalts Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (CDU) ruft 60 Milliarden Euro auf, die Staat und Industrie für einen sozialvert­räglichen Ausstieg aus der Braunkohle in die Hand nehmen sollen.

Dieser leichtfert­ige Ruf nach Staatsmill­iarden muss jedem Handwerker im Ohr brennen. Wer von ihnen den Strukturwa­ndel verschläft, muss dafür selbst büßen. Wie steht auf einem anderen Handwerker-Plakat? „Die Welt war noch nie so unfertig. Pack mit an.“

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