Rheinische Post Krefeld Kempen

Der tiefe Fall des Elon Musk

Die amerikanis­che Börsenaufs­icht hat nicht nur Klage gegen den Tesla-Chef eingereich­t. Sie will auch, dass er den Chefposten beim Elektroaut­obauer aufgeben muss. Ein weiterer Rückschlag für den visionären Unternehme­r.

- VON MISCHA EHRHARDT

NEW YORK Ohne Zweifel sind die Werke, die Elon Musk bisher geschaffen hat, visionär. Sein erstes Internetun­ternehmen verkauft er in jungem Alter für mehr als 300 Millionen Dollar an einen Computerpr­oduzenten. Es ist der bis dahin höchste Preis, der je für ein Internet-Unternehme­n bezahlt wurde. Als nächstes stampft er x.com aus dem Boden. Nie gehört? Aus diesem Projekt entsteht später der weltweit mit Abstand führende Online-Bezahldien­st PayPal.

Für die meisten Menschen würde allein das schon für ein stattliche­s Lebenswerk reichen. Doch Musk will weiter, will die Welt verändern, will der Menschheit das Tor zur elektromob­ilen Zukunft aufstoßen. Das Ergebnis: Tesla. Dem geben Anleger nicht zuletzt wegen seines visionären Chefs an der Börse jahrelang einen ungeheuren Vertrauens­vorschuss. Doch die Ära scheint zu Ende zu gehen. Musks Ankündigun­g, Tesla von der Börse zu nehmen, versehen mit dem Zusatz, die Finanzieru­ng sei gesichert, hat die Welt alarmiert. Und die US-Börsenaufs­icht auf den Plan gerufen, als Musk zwei Wochen später alles zurücknahm. Die SEC hat jetzt nicht nur Klage gegen Musk eingereich­t, sie will ihn auch von einem Gericht aus dem Tesla-Chefsessel entfernen lassen. Im zweistelli­gen Prozentber­eich sind die Tesla-Aktien deswegen in die Knie gegangen.

Ein weiterer Rückschlag für Musk. Dessen Absturz hat sich angekündig­t. Auf kritische Fragen von Analysten zu Lieferverz­ögerungen bei Tesla reagierte Musk pampig. Er bezeichnet­e die Fragestell­er als blöd und langweilig. In einem Interview erklärte er kürzlich, am Rande seiner Kräfte zu stehen. 120 Stunden arbeite er proWoche, schlafe kaum, dafür brauche er Schlaftabl­etten. Und bisweilen Marihuana. Die Aufsichtsb­ehörde berichtet, Musk habe bei der Kalkulatio­n des Preises für den angebliche­n Börsenrück­zug gerundet: Die Zahl 420 aber steht in der US-Popkultur für regelmäßig­en Marihuana-Konsum und denWelt-Kiffertag am 20. April. Musk habe gedacht, der kleine Scherz würde seiner Freundin gefallen. In der Tat hat er dann Anfang September in einem anderen perVideo aufgezeich­neten Interview das Angebot des Moderators angenommen, an einem Joint zu ziehen – und das war nach seinem 420-Börsen-Tweet.

Dazu kommt die Geschichte mit dem Höhlentauc­her, der in Thailand an der Rettung von 13 Menschen beteiligt war. Musk nannte ihn „pädophil“, nachdem der Taucher Musks öffentlich­keitswirks­ames Angebot eines Mini-Tauchboots zurückgewi­esen hatte. Musks hässliche Seite.

Es spricht vieles dafür, dass Elon Musk gerade an die Grenzen seiner eigenen Realität stößt. Dabei darf man bei aller Kritik sagen, dass seine Visionen die Welt verändert ha- ben. Tesla ist ein Erfolg, egal ob der Konzern den Sprung in die Massenfert­igung schafft oder nicht: Der Elektro-Pionier hat die klassische­n Hersteller gezwungen, rasch in den Autokorso der Elektromob­ilität einzulenke­n. Und auch sein 2002 gegründete­s Raumfahrtu­nternehmen SpaceX hat Geschichte geschriebe­n. Es beliefert zu weitaus geringeren Kosten, als das in der Vergangenh­eit möglich war, die Raumstatio­n ISS. Das Unternehme­n hat es auch als erstes geschafft, die Raketen wieder zurückzubr­ingen und auf der Erde landen zu lassen.

Egal, wie die Geschichte mit der US-Börsenaufs­icht ausgehen wird: Vermutlich wird sich Musk im Falles eines Scheiterns einfach dem nächsten Projekt zuwenden. Das wäre der Hyperloop. Die Mission: Schieße mit Menschen besetzte Reisekapse­ln durch eine Vakuumröhr­e und mache die Luftfahrt – soweit es geht – überflüssi­g. Ein Neuanfang für Musk?

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FOTO: DPA Elon Musk

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