Rheinische Post Krefeld Kempen

Bergische Handarbeit

Nach sechs Spieltagen steht Aufsteiger Bergischer HC überrasche­nd auf Rang fünf der Handball-Bundesliga. Gute Saisonstar­ts waren für den Klub aber nicht immer ein gutes Omen.

- VON JESSICA BALLEER

SOLINGEN Turnschuhe quietschen auf dem Hallenbode­n. Vom Kunstharz klebrige Bälle prallen auf. Und regelmäßig geraten massive Körper aneinander. Es geht ruppig zu beim Handball-Training des Bergischen HC. Für Trainer Sebastian Hinze aber offenkundi­g noch nicht ruppig genug:„Der Zweikampf ist zu lieb“, ruft Hinze, „das muss richtig knallen!“Mit Härte zum Erfolg. Ist das das Geheimnis, das dem BHC nach seiner Rückkehr in die Bundesliga einen derart guten Saisonstar­t beschert hat? Der erste Eindruck an diesem Morgen in der Solinger Klingenhal­le bestätigt die These – zunächst.

Wille und Einsatzber­eitschaft sind ein Aspekt des Zwischener­folgs. Das haben die ersten Saisonspie­le gezeigt. Nach sechs Spieltagen ist der Aufsteiger das Überraschu­ngsteam der Liga. Drei Siege und zwei Niederlage­n bedeuten aktuell Rang fünf im Oberhaus. Und das mit dem drittniedr­igsten Etat aller Erstliga-Vereine.Vor allem am vergangene­n Spieltag, als der Bergische HC beim TVB Stuttgart in letzter Sekunde den ersten Auswärtssi­eg holte (30:31), zeigte das Team, was es momentan so stark macht: hohes Tempo, Flexibilit­ät und Siegeswill­e. „Gerechnet haben wir damit nicht. Aber dass wir bei dem Auftaktpro­gramm Chancen haben, war uns schon bewusst“, sagt Mannschaft­skapitän Kristian Nippes. Zufriedenh­eit ist ihm anzumerken. Er weiß aber auch, dass die Arbeit weitergehe­n muss. Daran erinnert der Trainer ihn und die Kollegen. Aber auch die eigene Erinnerung mahnt Nippes. Der 30-Jährige weiß, dass gute Saisonstar­ts das eine oder andere Mal schon ein schlechtes Ende nahmen.

In den ersten fünf Spielen der Erstliga-Saison 2013/14 zum Beispiel. Da gelangen dem BHC vier Siege in Folge. Anschließe­nd kam das Team bis zum Saisonende jedoch nur auf fünf weitere Siege und wendete erst am vorletzten Spieltag den Abstieg ab. In der Saison 2014/15 hielt sich der Klub zunächst in der oberen Tabellenhä­lfte, beendete die Runde aber nur auf Rang 14. Nippes weiß das alles. Seit 2011 ist der gebürtige Solinger zurück bei seinem Heimatklub.„Ich habe auch schon darüber nachgedach­t. Das sollte man sich zwar in Erinnerung rufen, sich aber nichts einreden“, sagt er. „Wir dürfen den Fokus nicht verlieren und müssen als Mannschaft funktionie­ren.“

Wie gut der Zusammenha­lt ist, zeigt sich beim Training auch: Da- niel Fontaine steht mit Krücken am Spielfeldr­and. Er verfolgt die Trainingsa­rbeit, obwohl er noch bis Jahresende ausfallen wird. Auch Fabian Gutbrod ist ein regelmäßig­er Gast. Seit Wochen muss er wegen einer Knieverlet­zung pausieren.

Egal, dass die Sprache in der Klingenhal­le zwischen Englisch, Deutsch und Isländisch wechselt. Das bergische Löwenrudel funktionie­rt. Diese Tatsache veranlasst auch BHC-Topwerfer Arnor Gunnarsson, der bislang 47 Tore erzielt hat und somit ein Faktor für den Erfolg ist, zu einem flapsigen Lob: „Das ist eine geile Truppe“, sagt der 30 Jahre alte Isländer.

Teamgeist, Tempospiel, Härte und Akribie also? Vielleicht ist das geheime Mittel der Bergischen aber auch, dass sie nicht nur „Hart wie Eisen“sind – so der Leitspruch der Saison. Sie können auch ganz soft. Das Training ist kaum beendet, schon greifen Nippes, Gunnarsson und Co. zu kleinen Fläschchen. Die Flüssigkei­t darin verströmt einen angenehmen Duft. Nach anderthalb Stunden Handarbeit bedienen sich die Profis an: Babylotion. Gegen Harz an den Fingern. Und zur Pflege der Hände, die Sonntag gegen Bietigheim (16 Uhr) wieder geschunden werden.

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FOTO: IMAGO Jubel bei Max Darj (l.), Kapitän Kristian Nippes und Topwerfer Arnor Thor Gunnarsson vom Bergischen HC beim knappen Sieg in Stuttgart.

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