Rheinische Post Krefeld Kempen

Auf Erich Kästners Spuren durch Berlin

Seine Bücher sind Klassiker. Viele Geschichte­n spielen in Berlin, wo der Autor in den 1920ern und 30ern hochproduk­tiv war. Eine Spurensuch­e. Stadtführu­ngen

- VON ALEXANDRA STAHL

Erich Kästner (1899-1974) ging es wie vielen jungen Leuten heute: Er wollte in Berlin leben. „Bin sehr fröhlich, wieder mal in diesem Radaunest zu sein“, schrieb der Schriftste­ller seiner Mutter im Sommer 1926 auf einer Postkarte. An Silvester kam der damals 27 Jahre alte Dresdner zurück in die Hauptstadt. Seinem Leben und seinen Büchern kann man bis heute nachspüren.

Wer etwas über die Zeit des scharfsinn­igen Dichters in Berlin herausfind­en will, kommt an dem Journalist­en Michael Bienert nicht vorbei. Der 54-Jährige hat die Stadt durchforst­et, von ehemaligen Wohnungen und Arbeitgebe­rn Kästners bis zu den Schauplätz­en seiner Werke. „Mit Kästner kann man einen frischen, frechen und wachen Blick auf die Stadt lernen“, sagt Bienert. Auf Führungen bringt er Schülern, Touristen und Literaturi­nteressier­ten die Orte des Schriftste­llers näher.

„Wir sind hier mittendrin“, ruft Bienert auf der Terrasse der Schaubühne in Charlotten­burg am Kurfürsten­damm. Zu Kästners Zeiten gab es die Schau- bühne nicht. Gegenüber aber lag das Kabarett der Komiker, daneben Kästners Stammcafé: „Ich sitze viel im „Café Leon“, um braun zu werden.“Heute ist dort ein türkischer Grill.

In der nahen Roscherstr­aße wohnte der Autor von 1929 bis 1944 in einer recht großen Wohnung. Kästner, dessen Biograf Sven Hanuschek ihm ein „in erotischer und literarisc­her Hinsicht hyperaktiv­es Leben“attestiert­e, schrieb der Mutter gleich: „Das Bett hab ich wirklich allein eingeweiht. Also keine Sorge von wegen Lasterbett.“Überdauert haben die Veranstalt­er Stattreise­n bietet Führungen an. Eine Tour dauert drei Stunden und kostet pro Person 13 Euro. Nächster Termin: 26.Oktober, 18 Uhr, eine Voranmeldu­ng ist nicht nötig,

Tel. 030 4553028, www.stattreise­nberlin.de

Michael Bienert macht ebenfalls Touren, nächster Termin: 29. September, 14 Uhr. Die Führung dauert zwei Stunden und kostet zwölf Euro. Voranmeldu­ng erwünscht, www.text-der-stadt.de

Schauplätz­e aus „Emil und die Detektive“(1929): Bahnhof Zoo, Ku’Damm, Gedächtnis­kirche oder Nollendorf­platz sind immer wieder Teil von Kästner-Führungen. Ne- ben Bienert bietet der Veranstalt­er Stattreise­n solche Touren an, auch für Kinder.

Umfassend verewigte er die Hauptstadt in „Fabian“(1931), das er erst „Saustall“oder „Sodom & Gomorrha“nennen wollte. In dem satirische­n Roman lässt Kästner seinen Protagonis­ten im Zuge der Wirtschaft­skrise durch die Stadt irren, von Kreuzberg über den Grunewald oder Alexanderp­latz bis in den Wedding. In Mitte kann man Kästner ebenfalls nachspüren: Rund um die Weidendamm­er Brücke an der Friedrichs­traße etwa spielte „Pünktchen und Anton“. Auf dem nahe gelegenen Bebelplatz vor der Humboldt-Universitä­t musste Kästner 1933 wiederum zusehen, wie die Nazis seine Bücher verbrannte­n. Er emigrierte nicht und arbeitete während des Nationalso­zialismus unter Pseudonym weiter. Erst 1944 floh er nach Tirol. Nach Kriegsende lebte er in München.

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FOTO: ALEXANDRA STAHL ?? Erich Kästner ist auch heute noch im Stadtbild präsent. Das Wandbild an einem Spielplatz in der Motzstraße erinnert an seine Geschichte „Emil und die Detektive“.
FOTO: GEORG GÖBEL FOTO: ALEXANDRA STAHL Erich Kästner ist auch heute noch im Stadtbild präsent. Das Wandbild an einem Spielplatz in der Motzstraße erinnert an seine Geschichte „Emil und die Detektive“.
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Erich Kästner zog 1927 nach Berlin.

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