Rheinische Post Krefeld Kempen
Die Zeit ist eben „krählativ . . .“
Im Festzelt am Schmeddersweg philosophierte die Krefelder Kabarettgruppe auf Einladung des Heimatvereins Schmalbroich über die Zeit.
KEMPEN Es ist das Jahr 2047, und beim Krefelder Bürgermeister taucht ein älteres Ehepaar auf. Sie in Kittelschürze und er mit der obligatorischen Schirmmütze auf dem Kopf, klagen dem ersten Bürger der Stadt ihr Leid. Der Buchsbaumzünsler hat ihren Kleingarten angegriffen. Den Beweis gibt es gleich im Topf dazu. „Das Wichtigste, was der Rheinländer hat, ist sein Garten“, bekommt der Bürgermeister zu hören. Keine Baumschule habe mehr Buchs, beschreiben die beiden ihr Gartenleid. Ihre Aufforderung: Der Bürgermeister müsse etwas tun, und er könne sich sicher sein, dass er damit alle Stimmen der Krefelder gewinnen würde. „Der Held von Krefeld, darüber muss man nachdenken“, denkt sich der Krefelder, der aus dem politischen Niemandsland raus will und dem eher ein Ministerposten vorschwebt.
Wie gut, dass der nächste Gast direkt die Lösung mitbringt. Dr. Jochen Buchs von der Hochschule Niederrhein ist nämlich des Zeitreisens mächtig. Was wäre, wenn man die Zeit zurückdrehen könnte und den Zünsler erst gar nicht ins Land kommen ließe? Und damit ist man auch schon mitten in der Thematik des Abends. Alles dreht sich um die Zeit. Mit ihrem Stück „Zeit ist krählativ“gastierten die Krefelder„Krähen“auf Einladung des Heimatvereins Schmalbroich im Festzelt am Schmeddersweg. Knapp 300 Besucher nutzten die Gelegenheit, das ausgefeilte Kabarett mit Angriff auf die Lachmuskeln in Kempen zu erleben. Ob Dr. Buchs, der in seinem Outfit stark an den Doc Brown aus „Zurück in die Zukunft“erinnert und der sich intensiv mit der Vergangenheitsforschung und der Zeit beschäftigt, oder der Mann im lan- gen schwarzen Mantel mit Schlapphut. Eine Reinkarnation von Händler Schlemihl aus der Sesamstraße, nur dass er diesmal Zeit verkauft – Lachen ist beim „Krähen“-Kabarett garantiert.
„Eine Stunde für einen Monat Lebenszeit“, preist er seine Ware mit dubios anmutenden Geschäfts- praktiken und mit dem bekannten „Psssst“an. Es gibt sie, die erste Käuferin. Sie ist nämlich der Meinung, dass eine Stunde Zeit ihr im Moment mehr weiterhelfen würde als ein Monat am Ende des Lebens, denn da sei sie ja eh eine Greisin, so ihre Logik, an der sie die Zuschauer teilhaben lässt. Dazwischen im- mer wieder schräg anmutende Lieder, begleitet von Mick Schneiders am Keyboard, die zum Schmunzeln einladen.
Eine musikalisch-kabarettistische Reise durch und rund um die Zeit erleben die Besucher im Festzelt. Es ist das kostbarste Gut, das ein jeder hat und das immer kostbarer wird, die Zeit. Der Faktor Zeit wird von den verschiedenen Seiten beleuchtet. Doch was ist Zeit? Das Programm der „Krähen“sensibilisiert für die Zeit mit all ihren Facetten. Sich eben „Zeit nehmen“, ohne sie zu stehlen. Zeit sinnvoll nutzen, Zeit verschenken, Zeit ändern. Das Thema ist unerschöpflich und regt mit viel Humor dennoch zum Nachdenken an. Für das Spiel mit der Zeit schlüpfen die „Krähen“– Stefan Erlenwein, Udo Paniczek, Jochen Butz, Karl-Willi Severens, Laura Fiebig, Christa Teichmann, Bernhard Schauws, Peter Gronsfeld und Philipp Schmitz – gekonnt in ihre Rollen. Dazu gibt es Bühnenrequisiten mit großer Wirkung, was am Spiel der „Krähen“liegt. Und wenn von Zeitjunkies gesprochen wird, die süchtig nach Zeit sind und meist in Behörden arbeiten, dann bleibt kein Auge trocken, zumal auch der Kempener Bürgermeister zum Publikum gehört. Ein vergnüglicher Abend, der nicht nur herzhaftes Lachen auslöst, sondern mit dem auch Gutes getan wird. Denn die Eintrittsgelder kommen der Freiwilligenagentur und dem Kinderschutzbund zu Gute.