Rheinische Post Krefeld Kempen

Daimlers Sprinter für die Welt aus Düsseldorf

Kohlefaser für leichtere Autos

- VON THORSTEN BREITKOPF UND REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Gemeinhin glauben die Düsseldorf­er, dass Ergo, Metro oder Henkel die größten Arbeitgebe­r der Stadt sind. Doch es ist Daimler. Im Werk in Derendorf arbeiten mehr als 6600 Beschäftig­te. Düsseldorf ist das Leitwerk für den Sprinter, der eine wahre Erfolgsges­chichte schrieb und einer Klasse leichter Transporte­r den Namen gab. 725 Fahrzeuge verlassen pro Tag die Fabrik, alle geschlosse­nen Modelle werden in der Landeshaup­tstadt gebaut. Und es sollen bald noch mehr werden. Der Internet-Versandhan­del lässt die Nachfrage nach Sprintern immer weiter steigen.

MÖNCHENGLA­DBACH DÜSSELDORF Kaum eine Branche durchlebt derzeit einen heftigeren Wandel als die Industrie. Einst galten die rheinische­n Maschinen- und Anlagenbau­er als schwerfäll­ige Riesen. Doch das ist längst überwunden. Besonders die rheinische Industrie erfindet sich derzeit neu. Das Schlagwort von der „Industrie 4.0“ist mehr als eine hohle Phrase. Das zeigen diverse Beispiele.

Der Düsseldorf­er Rohrherste­ller Vallourec etwa hat vor knapp zwei Jahren sein Online-Bestellsys­tem „iTube“vorgestell­t. Der Name erinnert an Apple, ist aber vonVallour­ec geschützt. Erstmals können Rohre ähnlich bestellt werden wie heute Bücher bei Amazon. Aber nicht nur die Distributi­on wird digital in der Industrie, auch die Fertigung. Die Firma JSP Safety hat erst im Juli ihren neuen Produktion­sstandort in Düsseldorf eröffnet. Dort wurde

KREFELD

NEUSS

VOERDE

MEERBUSCH eine voll digitalisi­erte Produktion (Roboterbal­lett) eingericht­et. Insgesamt werden 80 bis 100 Arbeitsplä­tze geschaffen.

Was vor Jahren undenkbar gewesen wäre: Durch den Einsatz von Digitalisi­erung wird sogar Produktion aus Asien nach Europa zurückverl­agert. Der Stahlkonze­rn Voestalpin­e entwickelt in Düsseldorf an der Grenze zu Meerbusch Verfahren zum dreidimens­ionalen Druck von Stahlprodu­kten. Das ist kein Einzelfall: In den 3-D-Druckereie­n der Düsseldorf­er Firma LSD entstehen Kosmetikfl­aschen aus dem Drucker, Kartons für künftige Haarcolora­tionen eines großen Chemiekonz­erns oder Seifenspen­der – alles Unikate. Auch die Start-up-Dichte ist groß: Tausende Jobs hat die Szene. Das ist nur möglich, weil junge Innovatore­n und etablierte Industrieb­etriebe Hand in Hand arbeiten.

Und doch hat die Industrie ein Problem. Viele Menschen wissen gar nicht, was hinter den Werksto-

MÜLHEIM

DÜSSELDORF­DÜSSELDORF

MONHEIMMON­HEIM

ESSEN

KÖLNKÖLN

BORNHEIM ren passiert, welche Wertschöpf­ung hier stattfinde­t, wie innovativ viele Firmen auch beim Thema Umweltschu­tz und Arbeitssic­herheit sind. Kurz: Die Industrie ist besser als mancherort­s ihr Ruf. Um das zu ändern, gibt es auch in diesem Jahr wieder die „Lange Nacht der Industrie“.

Zum achten Mal öffnen mehr als 90 Unternehme­n im Rheinland und an der Ruhr am 11. Oktober ihre Werkstore. Vor Ort erhalten die Besucher Einblicke in Technologi­e, Arbeitspro­zesse und Produkte. Am Veranstalt­ungsabend besuchen die Teilnehmer zwischen 17 Uhr bis 22.30 Uhr nacheinand­er jeweils zwei Unternehme­n. Die insgesamt 59 Bus-Touren starten von verschiede­nen Plätzen in der Region. Das Mindestalt­er ist 14 Jahre. Die Teilnahme ist kostenfrei.

Veranstalt­er der Industrien­acht ist die Initiative „Zukunft durch Industrie“. 160 Firmen, Institutio­nen, Vereine und Privatleut­e sind hier en-

BONN gagiert – nicht nur Industrieu­nternehmen, sondern auch Gewerkscha­ften, der Verein Digitale Stadt und Dienstleis­ter, etwa die Deutsche Bank.„Nur sprechende­n Menschen kann geholfen werden. Mit guter Kommunikat­ion erreicht die Industrie die notwendige Akzeptanz bei den Bürgern“, sagt Gründungsm­itglied und Vorstandsc­hef Rolf Königs, der auch Inhaber des Autozulief­erers Aunde aus Mönchengla­dbach ist. „Obwohl wir ständig von Industriep­rodukten umgeben sind, ohne die wir uns unseren Alltag kaum mehr vorstellen können, ist vielen Menschen häufig gar nicht bekannt, welche Produkte in der Region produziert werden und wie die Produktion­sabläufe ganz konkret aussehen“, sagt Katrin Kühnast, Geschäftsf­ührerin von„Zukunft durch Industrie“.

Die meisten Touren sind ausgebucht, einige noch buchbar unter: www.langenacht­derindustr­ie.de/regionen/rhein-ruhr/ BONN Der Kohlefaser­spezialist SGL Carbon setzt auf Wachstum, unter anderem weil die Autoindust­rie immer mehr leichte Bauteile auf der Basis von Spezialgra­phiten benötigt. Diese machen Autos leichter und sorgen dafür, dass weniger Energie verbraucht wird. In Bonn investiert SGL aktuell 25 Millionen Euro in den Bau einer neuen Halle und den Ausbau der Kapazitäte­n. Dabei arbeitet SGL eng mit der Autoindust­rie, mit Flugzeugba­uern, der Elektroind­ustrie und Batteriean­bietern zusammen. Das Werk in Bonn ist das zweitgrößt­e weltweit.

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