Rheinische Post Krefeld Kempen
Wissen bringen und Horizont erweitern
Der „Senior Experten Service“schickt regelmäßig ehrenamtliche Fachkräfte ins Ausland. Der Arzt Michael Becker aus Tönisvorst ist einer von ihnen. Dreimal war er bereits in Turkmenistan, vor Kurzem ist er aus China zurückgekehrt.
TÖNISVORST Dr. Michael Becker ist voll des Lobes, wenn er von seinen Gastgebern in Turkmenistan und China spricht. „Die Menschen haben mich überall herzlich empfangen und sich sehr gut um mich gekümmert“, erzählt der ehemalige Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Helios-Klinikum Krefeld. Viermal war der 72-Jährige bereits als Fachkraft im Ausland. Sein Auftrag: deutsches Knowhow zu bringen und Botschafter für sein Land zu sein.
Organisiert werden die Reisen unter dem Motto„Zukunft braucht Erfahrung“von der Organisation Senior Experten Service, kurz SES, einer Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit. „Wir sind die führende deutsche Entsendeorganisation für ehrenamtliche Fachkräfte im Ruhestand oder in einer beruflichen Auszeit“, sagt Claus Obholzer, der zuständige Mitarbeiter für die Region Mittlerer Niederrhein.
Seit mehr als 30 Jahren geben die Experten des SES weltweit Hilfe zur Selbsthilfe. Besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern sei ihr Wissen gefragt, weiß Obholzer. Aber auch in Deutschland werden die pensionierten Experten in der Nachwuchsförderung eingesetzt. „In Deutschland bieten unsere Seniorexperten Unternehmen und Organisationen, aber auch Schulen und jungen Menschen in der Phase der Berufsfindung Hilfe an“, erklärt der Regionalleiter.
Mit jungen Menschen hatte Michael Becker in China auch viel Kontakt. Mit Freude zeigt er Fotos von den jungen Assistenzärzten Shung und Lin, die mit ihm etliche Ausflüge in die nähere Umgebung von Leshan gemacht haben. „Schon der Empfang am Flughafen war sehr herzlich, und das hat sich durch die gesamten drei Wochen, die ich dort verbracht habe, gezogen“, schwärmt der Kinderarzt. Untergebracht war der Mann aus St. Tönis in einem Hotel, das er aber nur zum Schlafen gebraucht hat. „Ich war fast jeden Tag nach der Arbeit im Krankenhaus zu einem Ausflug oder zum Essen eingeladen“, erzählt der 72-Jährige.
Im Krankenhaus, das den deutschen Mediziner mit seinen 24 Stockwerken schon ob seiner Größe beeindruckt hat, hatte Becker die Aufgabe, die Abteilung für Kinderchirurgie, die erst vor zwei Jahren eröffnet wurde, zu analysieren und Vorschläge zurVerbesserung der Gesamtsituation zu unterbreiten. „Ich nahm an den Ambulanzen und am OP-Programm teil“, erzählt der Arzt. Dabei habe er seine jahrzehntelange Erfahrung bei Diagnosen und Therapien einbringen können. „Eine Darmoperation habe ich zur Demonstration auch selber durchgeführt“, sagt Becker.
Für seine Ausführungen stand dem Senior im Krankenhaus eine englisch sprechende chinesische Kinderärztin als Dolmetscherin zur Verfügung. „Insgesamt gab es aber kaum Probleme mit der Sprache.Wir konnten uns gut in Englisch
verständigen. Nur zweimal musste ein Sprachcomputer helfen“, sagt der St. Töniser schmunzelnd. Becker kann sich gut vorstellen, noch einmal nach Leshan zu reisen: „Die Abteilung muss ausgebaut werden, und dafür sind sicherlich weitere Einsätze erforderlich.“Seine Bereitschaft hat der 72-Jährige bereits signalisiert.
Zurzeit sucht der SES neue Experten aus allen Berufen, insbesondere aus den Bereichen Chemie, Metallverarbeitung, Elektrotechnik, Textilverarbeitung, Nahrungsmittelherstellung sowie dem Gesundheits- und Sozialwesen. „Die Einsätze im Ausland dauern im Schnitt vier bis sechs Wochen und maximal ein halbes Jahr“, erklärt Regionalleiter Claus Obholzer. Die Einsätze in Deutschland erstreckten sich über längere Zeiträume, fänden dafür aber nur stunden- oder tageweise statt. Den Experten entstehen durch ihre Einsätze keine Kosten.