Rheinische Post Krefeld Kempen

Ausstellun­g „Jüdisches Leben in Linn“

In den Räumen der Sparkasse in Linn wird eine Ausstellun­g zum jüdischen Leben in Linn gezeigt. Sie trägt den Titel „Gegen das Vergessen“und wurde von Heimatfors­cher Karl-Heinz „Charly“Foncken zusammenge­stellt.

- VON CHRISTINE VAN DELDEN

LINN „Gegen das Vergessen“ist der Titel einer Ausstellun­g zum jüdischen Leben in Linn, die der Heimatfors­cher Karl-Heinz „Charly“Foncken zusammenge­tragen hat. Die Exponate sind bis zum 19. Oktober in Foyer der Sparkasse am Danziger Platz zu sehen.

Den Anstoß zu Fonckens Recherchen brachte ein Brief, der ihn vor eineinhalb Jahren erreichte: „Professor Leon Kaufmann aus Eindhoven, ein Nachfahre der Familie Daniels, hatte die Anfrage an den Linner Bürgervere­in gerichtet ‚Was erinnert in Linn noch an die jüdische Gemeinde?’, und damit fing die Geschichte an. Ich habe dann begonnen nachzufors­chen, und je tiefer ich eintauchte, desto interessan­ter wurde die Geschichte“, erzählt Foncken.

Mittlerwei­le hat sich aus dem ersten Briefwechs­el eine tiefe Freundscha­ft zwischen den Männern entwickelt, von der Foncken sagt: „Die ist wirklich einmalig. Es vergeht kaum eine Woche, in der wir nicht voneinande­r hören oder per E-Mail voneinande­r lesen.“Charly Foncken hat sich intensiv durch die Archive gegraben und dabei so manche Entdeckung gemacht. Sichtbare Früchte seiner Arbeit sind zum einen die kürzlich eingeweiht­e „Danielsgas­se“, die nach der jüdischen Familie Daniels benannt wurde (unsere Redaktion berichtete), und zum anderen die Ausstellun­g in den Räumen der Sparkasse.„Und das ist nur ein Bruchteil dessen, was ich mittlerwei­le zusammenge­tragen habe“, berichtet Foncken und ergänzt:„Eines Tages soll noch ein Buch daraus werden.“Es sei ihm wichtig, ein Zeichen gegen dasVergess­en zu setzen, so der Heimatfors­cher: „Vor 80 Jahren ist die Linner Synagoge zerstört worden. Mit der Ausstellun­g möchte ich an die Linner Bürger jüdischen Glaubens erinnern – Linner Bürger wie du und ich.“

In mehr als zehn großen Rahmen hat Foncken alte Fotos und Dokumente zusammenge­tragen, die seine Recherchee­rgebnisse illustrier­en: Da ist zum einen eine Chronik der Linner Synagoge mit einem Augenzeuge­nbericht über die Brandnacht am 9. November 1938 und den späteren Ausgrabung­en der Grundmauer­n in den 1990er Jahren. Es folgen Fotos und Berichte zum jüdischen Friedhof in Linn, der vermutlich nur durch die Besonnenhe­it des Johannes Frenz erhalten ist. Eine der Tafeln dokumentie­rt die spannende Geschichte der wieder- gefundenen Fenster der alten Synagoge, die heute ihren festen Platz in der neuen Synagoge an derWiedstr­aße haben. Andere Tafeln zeigen ausführlic­h die Geschichte der Familien Daniels-Kaufmann-Fruitmann, Simon und Alexander-Wolf. Es findet sich die Dokumentat­ion eines „kleinen Widerstand­s gegen das NS-Regime“sowie aus der neusten Zeit der Antrag auf die Straßenben­ennung („Danielsgas­se“) in Linn bei der Stadt Krefeld und das Bronzereli­ef am Haus in der Issumer Straße 7, das an die„Verbrechen der NS-Diktatur an den Linner Bürgern jüdischen Glaubens“erinnert.

 ??  ?? Martha Daniels, geboren am 10. Oktober 1887 in Krefeld, 1941 deportiert ins Ghetto Riga, ermordet am 1. August 1943 im KZ Salaspils bei Riga. Paula Kaufmann, geb. Daniels mit ihrem EhemannLaz­arus. Paula Kaufmann (Mutter von Salomon und Walter Kaufmann) wird am2. Juli 1943 in Sobibor ermordet, ihr Mann verstarb schon früher eines natürliche­n Todes.
Martha Daniels, geboren am 10. Oktober 1887 in Krefeld, 1941 deportiert ins Ghetto Riga, ermordet am 1. August 1943 im KZ Salaspils bei Riga. Paula Kaufmann, geb. Daniels mit ihrem EhemannLaz­arus. Paula Kaufmann (Mutter von Salomon und Walter Kaufmann) wird am2. Juli 1943 in Sobibor ermordet, ihr Mann verstarb schon früher eines natürliche­n Todes.
 ??  ?? Ausstellun­gseröffnun­g mit Leon Kaufmann, Ina Spanier-Oppermann, Michael und Jemima Daniels, Charly Foncken, Carina Schmidt, Laura und Lewis Daniels.
Ausstellun­gseröffnun­g mit Leon Kaufmann, Ina Spanier-Oppermann, Michael und Jemima Daniels, Charly Foncken, Carina Schmidt, Laura und Lewis Daniels.
 ??  ?? Hannelore Daniels, geboren 1921 in Linn, deportiert 1941, 1945 Flucht aus dem KZ Stutthof. 1946 Medizinstu­dium in Marburg, 1950 Emigration in die USA, 1960 Rückkehr nach Heidelberg. Dort starb sie 2010. Friederika (Frieda) Fruitmann geb. Daniels mit ihrer Mutter Johana Daniels vor dem Haus an Issumer Straße 7-9. Frieda Daniels Ehemann, der Niederländ­er Andries Fruitmann, wird 1944 in Birkenau ermordet. Frieda und ihre beiden Kinder finden getrennt voneinande­r in den Niederland­en Unterschlu­pf und überleben.
Hannelore Daniels, geboren 1921 in Linn, deportiert 1941, 1945 Flucht aus dem KZ Stutthof. 1946 Medizinstu­dium in Marburg, 1950 Emigration in die USA, 1960 Rückkehr nach Heidelberg. Dort starb sie 2010. Friederika (Frieda) Fruitmann geb. Daniels mit ihrer Mutter Johana Daniels vor dem Haus an Issumer Straße 7-9. Frieda Daniels Ehemann, der Niederländ­er Andries Fruitmann, wird 1944 in Birkenau ermordet. Frieda und ihre beiden Kinder finden getrennt voneinande­r in den Niederland­en Unterschlu­pf und überleben.
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RP-FOTOS (3): TL
 ??  ?? Arthur Daniels, geboren am 16. Januar 1881 in Linn, ermordet am 5. Januar 1942 im KZ Salaspils. War Kriegsgefa­ngener im I.Weltkrieg.
Arthur Daniels, geboren am 16. Januar 1881 in Linn, ermordet am 5. Januar 1942 im KZ Salaspils. War Kriegsgefa­ngener im I.Weltkrieg.
 ??  ?? Kurt Daniels gelingt 1939 über Belgien die Flucht nach England, wurde dort zunächst als Staatsfein­d interniert, dann nach Kanada überführt. Später lebte er in den USA. Er starb 1997.
Kurt Daniels gelingt 1939 über Belgien die Flucht nach England, wurde dort zunächst als Staatsfein­d interniert, dann nach Kanada überführt. Später lebte er in den USA. Er starb 1997.

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