Rheinische Post Krefeld Kempen
Die Alternative für Deutschland ist in Düsseldorf unsichtbar
2020 könnte die AfD mit einer Fraktion in den Stadtrat einziehen. Wofür sie steht, ist unklar.
Auf der hintersten Bank im Stadtrat tobt seit Monaten ein Anfrage-Duell. Die Mitglieder der Kleinparteien, die dort sitzen, reichen wie in einem Wettstreit Fragen an die Verwaltung ein. Das ist schließlich ein bewährtes Mittel der Opposition, auf sich aufmerksam zu machen. Und das wird zwei Jahre vor der Kommunalwahl wichtiger.
Der Ratsherr von den Republikanern – ja, die gibt es im Düsseldorfer Rat noch – will am Donnerstag Infos zur Datenschutzgrundverordnung bekommen. Der Herr von der Piratenpartei – ja, auch die gibt es noch – fragt nach zum Dualen System und zum Leistungssport. Und dann ist da noch die obskure Mehr-Parteien-Fraktion „Tierschutz/Freie Wähler“um Torsten Lemmer, früher prominenter Neonazi, heute nach eigenen Angaben fest im Boden des Grundgesetzes verankert. Ja, den gibt es auch noch. Die Fraktion und ihre Mitglieder haben geschlagene acht Anfragen eingereicht.
Auffällig ist, wer im Anfragen-Wettbewerb fehlt: die AfD. Mit Uta Opelt hat auch sie eine Vertreterin im Stadtparlament. Opelt sitzt ebenfalls auf der letzten Bank, fällt aber vor allem durch das auf, was Vorgänger Nic Vogel tat, bevor er in den Landtag aufrückte: Sie schweigt. Unbewegt verfolgt Opelt die Sitzungen, ans Pult zieht es sie nur selten. Nach der Wahl 2014 hatte die AfD mit Ulrich Wlecke noch einen zweiten Ratsherrn, der beredter auftrat und sich vor allem zu Finanzpolitik äußerte. Aber Wlecke gehörte zum Bernd-Lucke-Lager und trat nach der Entmachtung des AfD-Gründers aus der Partei aus. Er ist in den bunten Lemmer-Block gewechselt.
Das Schweigen der AfD im Stadtrat ist deshalb bemerkenswert, weil es stellvertretend für den gesam- ten Kreisverband steht. Bundesweit beherrscht die Partei seit Jahren die Schlagzeilen, in Düsseldorf ist sie nahezu unsichtbar. Sie stand nur dann im Fokus, wenn Bundesprominenz vorbeikam und Gegendemonstranten anzog.
Die Parteiversammlungen sind nicht öffentlich, auch die Presse wird nicht eingeladen. Und auf der Internetseite des Kreisverbands findet man Meldungen wie die, dass der neue Werbespot für die hessische Landtagswahl fertig ist. Offenbar handelt es sich um einen Feed, den Kreisverbände bundesweit verbreiten. Unter „Pressemeldungen“ heißt es im jüngsten Beitrag: „Der Vorstand des AfD KV Düsseldorf möchte Ihnen allen ein recht frohes Osterfest wünschen!“
Wofür steht die AfD auf kommunaler Ebene? Und wer prägt sie in Düsseldorf? Das sind Fragen, die politisch immer wichtiger werden. Denn ab 2020 wird die Partei aller Voraussicht nach eine Fraktion im Stadtrat stellen. Bei der jüngsten Bundestagswahl kam sie auf rund acht Prozent der Zweitstimmen in Düsseldorf. Das liegt deutlich unter Bundesergebnis (12,6 Prozent), würde aber dicke für den Einzug ins Stadtparlament reichen.
Dann wird sich der Düsseldorfer Kreisverband in der großen Bandbreite der oft kleinteiligen Themen positionieren müssen, die Kommunalpolitik ausmachen. Und die Alternative für Deutschland muss zeigen, ob sie an einer konstruktiven Zusammenarbeit mit den anderen interessiert ist. Die funktioniert in einem Stadtrat in der Regel besser als auf der großen politischen Bühne.
Wird das nach dem Einzug der AfD als Fraktion so bleiben? Die anderen Kommunalpolitiker sind wenig optimistisch. Und die AfD schweigt. Arne Lieb