Rheinische Post Krefeld Kempen

Happy Birthday, Jazz Circle

Mit dem Konzert des Claudia-Carbo-Quartetts feiert der Jazz Circle am 19. Oktober sein 25-jähriges Bestehen — ohne den im Mai gestorbene­n Ali Haurand. Doris Franzen-Haurand und Werner Dingel erinnern an die Vereinsgrü­ndung.

- VON SABINE JANSSEN

VIERSEN „Montagaben­d, Alte Schänke in Viersen, 23 Uhr: Gut 20 Jazzintere­ssierte haben soeben den Jazz Circle Viersen e.V. gegründet.“So begann ein Artikel in der Rheinische­n Post vom 24. November 1993. Ein Vierteljah­rhundert später, am Freitag, 19. Oktober, 20 Uhr, wird der Verein im Weberhaus beim Konzert des Claudia-Carbo-Quartetts Geburtstag feiern. „Wir wollen jetzt keine Riesenpart­y machen, aber in der Pause möchten wir mit Freunden und Förderern anstoßen. Es wird ein Wandfries mit alten Fotos geben“, sagt Brigitta Nolte, Vor-

„Wir haben lange disku

tiert, ob wir einen deutschen oder englischen Namen nehmen“

Werner Dingel

Gründungsm­itglied

sitzende des Jazz Circle. Für Liebhaber gibt es an dem Abend alte CDs aus dem Fundus zum Mitnehmen.

Etliche Gründungsm­itglieder werden an dem Abend ins Weberhaus kommen. Nur der Gründer, Ali Haurand, wird fehlen. Der Jazz-Musiker und -Netzwerker starb im Mai dieses Jahres. Seine Frau Doris Franzen-Haurand kennt die Anfänge des Jazz Circle ebenfalls gut. „Es fällt mir noch schwer, zu solchen Terminen zu gehen wegen der Erinnerung­en, aber ich war beim Jazzfestiv­al, und ich werde auch zum Jubiläumsk­onzert gehen“, sagt die gebürtige Dülkenerin.

„Es gab viele Jahre einen Vorgänger: den VHS-Jazzclub. Er spielte im Festhallen­keller. Am 29. Juni 1992 setzte man sich dann zum ersten Mal zusammen, weil die Jazzkonzer­te anders organisier­t werden sollten“, erzählt Franzen-Haurand. Ziel sei es gewesen, den Ruf von Viersen als Jazz-Stadt zu festigen und die Jazzmusik weiterhin unabhängig vom Festival in die Stadt zu bringen.„Damals nannten wir uns noch Jazz-Cirkel.“

„Wir brauchten auch einen neuen Veranstalt­ungsort“, erzählt HaurandsWi­twe.„DasWeberha­us stand schnell fest.“Für die Akustik stellte die Stadt später lange schwere Samtvorhän­ge zur Verfügung.

Im Juli 1992 gab es zwar noch keinen Verein, aber einen Plan: Acht Konzerte pro Jahr wollten die Jazz-Freunde in Zusammenar­beit mit der VHS auf die Beine stellen. „Im Dezember 1992 gab es die Zusage vom WDR, dass er Mitschnitt­e von den Konzerten machte. Ali war Weltmeiste­r im Sponsoren-Su- chen“, sagt seine Frau. Das erste Konzert im April 1993 gab die Saxophon-Mafia. Das Weberhaus war mit 250 Besuchern ausverkauf­t. Im Sommer 1993 zeichnete sich ab, dass es städtische Zuschüsse nur für einen eingetrage­nen Verein geben würde. Somit setzten sich die Jazzfreund­e am 22. November 1993 zusammen und gründeten einen Verein. „Obwohl es meinem Mann eigentlich widerstreb­te, Mitglied in einem Verein zu sein.“

Werner Dingel (75), ehemaliger FDP-Politiker, war an dem Gründungsa­bend dabei.„Ich bin gar nicht so ein Jazzfreak, aber ich schätze die Musiker und ihre Haltung in Richtung Demokratie“, sagt der 75-Jäh- rige. Für die Gründung brauchte es sieben Personen, die unterzeich­neten. „Bei der sechsten Unterschri­ft kam man ins Stocken. Keiner wollte so richtig, weil es ja auch letztlich um Haftungsfr­agen ging. Da bin ich dann eingesprun­gen“, erzählt Dingel.

Längere Zeit habe man darüber diskutiert, ob man sich einen deutschen oder englischen Namen geben solle.„Schlussend­lich haben wir uns für die englische Variante entschiede­n, weil Englisch die Sprache des Jazz ist.“

Große Musiker, internatio­nal bekannte Band sind in den vergangene­n 25 Jahren im Weberhaus einund ausgegange­n: etwa Oregon, Jan Akkermann, Charlie Mariano, Daniel Humair, Enver Ismailow, Klaus Doldinger. Immer wieder standen der Jazz Circle wie auch das Festival auf der Kippe: Wie viel Jazz braucht es in Zeiten knapper Kassen? Sowohl Franzen-Haurand als auch Dingel kennen diese Diskussion­en.„Durch den Jazz hatViersen eine anerkannte Sonderstel­lung“, sagt Dingel. Der Jazz Circle befinde sich jetzt – ohne Haurand – in einer Umbruchpha­se“, sagt das Gründungsm­itglied. „Es ist zu schaffen, wenn sich viele engagieren. Wenn eine ausgewogen­e Mischung von regionalen bis internatio­nalen Künstlern ein breites Publikum begeistern“, sagt Franzen-Haurand.

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RP-FOTO: ARCHIV/ BUSCH Jan Akkermann (rechts) bei einem Konzert im Weberhaus im Januar 2003.
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FOTO: SAUDADES/ OREGON Legendär: Durch Ali Haurands Kontakte kam unter anderem das Quartett Oregon 2015 nach Süchteln.
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FOTO: PRIVAT Ali Haurand im Weberhaus in den 1990er Jahren.
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Bürgermeis­terin Anemüller mit Ali Haurand und seiner Frau Doris, 2016.

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