Rheinische Post Krefeld Kempen
Ara Lilly sucht ein neues Zuhause
Seit 19 Jahren lebt Ara „Lilly“in der Zoohandlung Dittrich. Er fliegt frei im Geschäft und ist bei Angestellten wie Kunden beliebt. Nun schließt das Geschäft nach 50 Jahren. Lilly braucht eine neue Heimat mit vielen Menschen und Platz.
Zu den alteingesessenen Geschäften in Krefeld zählt die Zoohandlung Dittrich auf dem Ostwall. Bei ihren Stammkunden ist sie vor allem dafür berühmt, dass es für Kunden dort gern eine auf den ersten Blick unerwartete Begegnung geben kann: der hellrote Ara Lilly fliegt frei im Laden umher und ist ihm bekannten Kunden gegenüber auch durchaus zutraulich. Für die Angestellten rund um Juniorchefin Nicola Bongen gilt das ohnehin. Seit 19 Jahren kennen die Krefelder Zoohandlungskunden Dittrich als die „Zoohandlung mit dem Papagei“.
Lange gibt es aber die Möglichkeit, Lilly beim Einkaufen zu treffen, nicht mehr, denn zum Ende des Jahres wird Dittrich schließen. Nach rund 50 Jahren geht damit eine Ära zu Ende: Auch für Lilly. Denn sie wird dann regelrecht obdachlos sein. „Jeden Morgen, wenn wir herein kommen, geht der ersteWeg zu Lillys Käfig und wir lassen sie heraus. Dann fliegt sie den ganzen Tag frei im Laden und tut, was sie will. Bis zum Feierabend geht das dann so. Dann ist sie auch müde und gar nicht unglücklich, über Nacht in ihren Käfig zu kommen. Das ist einfach sicherer für sie“, erzählt Bongen.
Diese Zeiten werden für den Ara aber mit Schließung des Geschäftes vorbei gehen. Das Tier ist aber seine Freiheit ebenso gewohnt, wie den Kontakt mit vielen unterschiedlichen Menschen, so dass ein Leben in einem Privathaus nicht zur Diskussion steht. „Lilly ist gewohnt, auf der ganzen Verkaufsfläche freie Be- wegung zu haben. Oben fliegt sie auch mal, eigentlich läuft sie aber lieber. Und sie braucht viel menschliche Ansprache und Kontakt“, sagt Bongen. Darum gestaltet sich die Suche nach einer neuen Heimat schwierig. Ein Kandidat ist derzeit eine Auffangstation für Exoten in den Niederlanden.
Dort kommen unter anderem Tiere hin, die an der Grenze ille- gal eingeführt werden sollten. Lilly hätte hier viele andere Tiere, möglicherweise auch einen männlichen Artgenossen, sowie viele Besucher, die sich frei unter den Vögeln bewegen. Die Entscheidung ist aber noch nicht gefallen. „Ich muss sagen, dass wir uns bisher mit der Thematik nur begrenzt befasst haben. Es fällt schwer, sich neben dem Gedanken an die Schließung des Ge- schäfts auch noch mit dem Abschied von Lilly zu befassen“, sagt die Besitzerin unumwunden.
Mit rund sechs Wochen hatte sie seinerzeit Ende der 90er Jahre das Küken aufgenommen und selbst großgezogen.„Ich habe sie mit dem Löffel gefüttert. Alle zwei Stunden gab es etwas“, erzählt sie. Heute ist das farbenfrohe Tier ein Teil des Geschäftes. Sogar die Tür steht offen. Lilly fliegt nicht fort. „Aras sind sehr standorttreu. Sie will überhaupt nicht raus. Sie könnte jederzeit fliegen, wenn sie das wollte“, sagt Bongen. Statt dessen watschelt der Vogel über den Boden und verkriecht sich unter demVerkaufstresen. Dort steht eine Kiste, die sich Lilly so hergerichtet hat, wie sie das möchte. Sie hat das Loch in die richtige Größe geknabbert und Polstermaterial hinein geschleppt.
„Dass ein Vogel auf dem Boden lebt ist eher selten. Aber Lilly liebt diesen Platz“, erzählt Bongen gleichzeitig lachend und achselzuckend. Dann geht das Tier auf Entdeckungsreise durch den Laden. Die Treppe hinauf und hinab fliegt sie nicht, sie läuft. Eine Stufe nach der anderen erklimmt sie das obere Stockwerk. Fliegen tut sie nur dort, weil hier mehr Platz ist. Die Treppe abwärts klettert sie rückwärts. Auch eine Eigenart des Dittrich-Aras.
Gern lässt sie sich auch duschen. Bei Regen geht sie dafür in den Anbau, wo an einer Stelle ein Loch in der Decke ist. Ansonsten spreizt sie das Gefieder: Die Angestellten greifen dann zu einer Wasserspritze und Lilly genießt es, besprenkelt zu werden. Wo das Tier ab Januar lebt, das wird sich finden. Sicher ist aber, dass sie und die Angestellten, sowie viele Kunden, sich vermissen werden. Doch nach dem Rückzug der Geschäftseigentümer, Bongens Eltern, aus Altersgründen, ist ein wirtschaftlicher Betrieb nicht mehr möglich. Einen schönen Lebensabend soll das Tier mit einer Lebenserwartung von rund 50 Jahren dennoch haben.