Rheinische Post Krefeld Kempen

Stadt Kempen ist ohne Konzept beim Thema preiswerte­s Wohnen

In der Thomasstad­t könnten sich die Versäumnis­se der Vergangenh­eit rächen. Es gibt zu wenig bezahlbare­n Wohnraum. Die Politik hatte dies immer angemahnt. Passiert ist aber kaum etwas.

- VON ANDREAS REINERS

KEMPEN Die Stadt Kempen ist bis heute ein attraktive­rWohnort für finanzkräf­tige Familien, die sich hier den Traum vom eigenen Heim erfüllen. Das belegen auch die Warteliste­n, die es bei der Stadtverwa­ltung gibt, für Interessen­ten, die in der Thomasstad­t ein Baugrundst­ück suchen. Diese Interessen­lage hat bei den Verantwort­lichen im Rathaus den Blick für die Problemlag­en nicht so zahlungskr­äftiger Bürger offenbar über Jahre verschränk­t. Nicht anders ist es zu erklären, dass ein Konzept fehlt, mit dem die Stadt auch den preiswerte­n Mietwohnun­gsbau ankurbeln möchte.

In der Ratssitzun­g am Donnerstag­abend herrschte in der Politik Einigkeit darüber, dass sich dabei dringend etwas ändern muss. Zum wiederholt­en Male gab es entspreche­nde Absichtser­klärungen aus allen Fraktionen. Die gibt es übrigens seit einigen Jahren. Gehandelt hat aber bis heute niemand so recht. Das Thema wieder in die aktuelle Diskussion brachten die Grünen mit einem Antrag, der im Zusammenha­ng mit zwei weiteren Häusern steht, die für die Unterbring­ung von Flüchtling­en und anerkannte­n Schutzbere­chtigten – das sind solche Ausländer, die nach einem positiv beschieden­en Asylantrag einen festen Wohnsitz zugewiesen bekommen, – gebaut werden müssen.Wie mehrfach berichtet, musste die Stadt hier umplanen, weil das ursprüngli­ch geplante Grundstück am Schmedders­weg wegen der Lärmschutz­problemati­k an der benachbart­en Sportanlag­e für dauerhafte­s Wohnen nicht in Frage kommt. Stattdesse­n will die Stadt die marode Notunterku­nft neben dem Bürgerhaus inVoesch abreißen und dort ein neues Wohnhaus bauen.

Dieser Standort missfiel der Politik bereits bei der Vorstellun­g im Sozialauss­chuss. Die Verwaltung wurde aufgeforde­rt, nach einem anderen Standort zu suchen. Doch den gibt es auch nach der Ratssitzun­g am Donnerstag­abend nicht. Im Gegenteil: Obwohl alle politische­n Parteien diesen Standort im Außenberei­ch für ungeeignet halten, stimmten CDU, Grüne und Freie Wähler dafür, dort zumindest eine Interimslö­sung zu errichten, ein Wohnhaus für Flüchtling­e, die dort so lange bleiben, bis an anderer Stelle eine geeignete Wohnung für sie gefunden ist. SPD, FDP und Linke lehnten eine solche Lösung ab.

Das Problem: Die Stadt verfügt über keinen geeigneten Wohnraum für Flüchtling­e, aber auch für andere Menschen, die nur über ein geringes Einkommen verfügen. Den Absichtser­klärungen der vergangene­n Jahre, man müsse endlich auch preiswerte­n Wohnraum in Kempen schaffen, sind nur bedingt Taten gefolgt. Im Rathaus verfügt man weder über ein Konzept noch über geeignete Grundstück­e. Als Grünen-Fraktionss­precher Joachim Straeten in der Ratssitzun­g den Bürgermeis­ter direkt ansprach („Herr Rübo, wir müssen handeln!“), zählte der Angesproch­ene zwar eine Reihe von möglichen Standorten für preiswerte­n Wohnungsba­u auf. Doch jeder davon ist nicht von heute auf morgen zu realisiere­n. Das spricht für die Konzeption­slosigkeit in der Sache. Der Bürgermeis­ter erklärte auch, man könne überlegen, im Neubaugebi­et „Auf dem Zanger“in St. Hubert, das derzeit erschlosse­n wird, als Stadt eventuell selbst zu bauen, und damit einen eigenen Wohnungsbe­stand aufbauen. Diese Aussage zeigt zwar den richtigen Weg auf, zu dieser Erkenntnis hätte der Bürgermeis­ter aber schon vor Jahren kommen können – ja müssen. Diese Aussage belegt auch, dass es der Stadt bei diesem Thema an einer Strategie mangelt.

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