Rheinische Post Krefeld Kempen

Seehofer kämpft um seine Ämter

Während Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) in München damit beginnt, eine neue Regierung zu bauen, bröckelt die Koalition in Berlin. Die Kritik am CSU-Chef wird lauter.

- VON KRISTINA DUNZ UND GREGOR MAYNTZ

BERLIN Die Wahlschlap­pen für CSU und SPD in Bayern sind am Montag vorerst ohne personelle Konsequenz­en geblieben, haben aber die große Koalition in Berlin mit Blick auf die Hessen-Wahl am 28. Oktober in Nervosität versetzt. Die CSU vertagte die Aufarbeitu­ng des historisch­en Wahldebake­ls auf die Zeit nach der Wiederwahl von Ministerpr­äsident Markus Söder und die Bildung einer neuen Landesregi­erung, die voraussich­tlich mit den FreienWähl­ern erfolgen soll. Parteichef Horst Seehofer gab bekannt, dass er an den Sondierung­en zur Regierungs­bildung teilnehmen werde und man erst Ende November oder Anfang Dezember über strategisc­he, programmat­ische und personelle Konsequenz­en beraten werde.

In einer Sitzung des CSU-Vorstands kritisiert­en der frühere Parteichef Theo Waigel und der frühere Landespoli­tiker Thomas Goppel nach Informatio­nen unserer Redaktion Seehofer scharf. Waigel warf dem CSU-Chef in diesem Zusam- menhang auch Schwächen im Amt als Bundesinne­nminister vor. Konkret nannte er den wochenlang­en Streit um Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen.

In der CDU hielten sich trotz des verbreitet­en Unmuts über die Schwesterp­artei Vorstandsm­itglieder mit Rücktritts­forderunge­n gegenüber Seehofer zurück. Es herrschte die Befürchtun­g, dass da- mit eine Debatte um die politische Zukunft der eigenen Parteichef­in, Angela Merkel, ausgelöst werden könnte. Das will die CDU mit Blick auf die Landtagswa­hl in Hessen unbedingt vermeiden. Deren Ausgang gilt in Parteikrei­sen auch als entscheide­nd dafür, ob Merkel beim CDU-Bundespart­eitag in Hamburg im Dezember als Parteivors­itzende wiedergewä­hlt wird.

CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r nannte die Verluste für die beiden Volksparte­ien CSU und SPD einen „klaren Schuss vor den Bug“. Die Koalition im Bund müsse nun endlich umsetzen, was sie vor sechs Monaten mühsam verhandelt habe. Der Wahlausgan­g in Bayern sei auch ein Reflex der Menschen auf die schwierige Regierungs­bildung und die Streiterei­en innerhalb der Unionspart­eien gewesen.

Ein Grund für die Stärke der Grünen sieht Kramp-Karrenbaue­r in deren Bereitscha­ft zur Regierungs­bildung während der Jamaika-Sondierung­en. Die FDP, die damals die Verhandlun­gen hatte platzen lassen, habe schlechter abgeschnit­ten.

SPD-Chefin Andrea Nahles erklärte unter dem Eindruck des Wahlergebn­isses, das Schicksal der großen Koalition werde sich nicht unmittelba­r entscheide­n, sondern erst in den kommenden Monaten.Vertreter der SPD-Linken warnten jedoch abermals, dass die Sozialdemo­kraten offensicht­lich nicht in der Lage seien, sich in der Regierung zu erneuern.

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