Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Dynamikeri­n

Katharina Schulze, die Spitzenkan­didatin der Grünen, steht für die neue, frischere Generation ihrer Partei. Tempo ist ihr Markenzeic­hen.

- VON GREGOR MAYNTZ

MÜNCHEN Die Füße stehen in grünen Aluschnips­eln. Vor zwei Stunden haben die Grünen ihren Wahltriump­h mit einem Konfettire­gen bejubelt. Die Grünen-Spitzenkan­didatin aber ist immer noch die gefragtest­e Interviewp­artnerin des Abends: Zweistelli­g seien die Grünen geworden, zweitstärk­ste Partei im Landtag geworden und hätten außerdem die absolute Mehrheit der CSU gebrochen. Mindestens zwei Dutzend Mal hat die 33-Jährige das nun schon in Kameras und Mikrofone gesagt, aber jedes Mal wirkt sie, als wäre es ihr gerade aufgefalle­n und als könne sie die Freude darüber noch kaum richtig fassen. Ihr ganzer Körper steht unter Spannung, unterstrei­cht jede Silbe: Katharina Schulze, das sind 165 Zentimeter pure grüne Energie.

Das Tempo ist ist ihr Markenzeic­hen. Schnell rüber und in der Muffathall­e ausgelasse­n feiern. Aber nicht so wie die Grünen-Spitzenmän­ner Robert Habeck und Ludwig Hartmann, die sich von der Bühne auf die tragenden Hände der Anhänger stürzen. Schulze nimmt lieber La Ola entgegen. Welle machen liegt ihr mehr. Schnell zurück in den Landtag, weitere In- terviews, dann bald wieder vor der Muffathall­e. Dort nimmt sie einen Werbespot mit der Grünen-Spitzenkan­didatin Martina Berthold für deren Wahl in Österreich auf.

Die in Freiburg geborene und am Ammersee aufgewachs­ene Wahl-Münchnerin ist der Prototyp der Dynamikeri­n. Nicht einfach nur Politik und Psychologi­e in München studieren, auch mal rasch in San Diego den Horizont erweitern. Nicht nur als Mitarbeite­rin in einem Abgeordnet­enbüro starten, sondern auch praktische Erfahrunge­n als interkultu­relle Trainerin gewinnen. Dann eine Karriere wie im Zeitraffer: mit 23 Eintritt in die Grüne Jugend, mit 24 deren Münchner Chefin, mit 25 die Grünen in München übernehmen, mit 26 den Widerstand gegen die Startbahn organisier­en und ein Volksbegeh­ren gewinnen, kurz darauf auch ein Volksbegeh­ren gegen die Olympiabew­erbung Münchens. Mit 28 in den Landtag, mit 32 Fraktionsc­hefin, mit 33 Spitzenkan­didatin bei der Landtagswa­hl.

„Katha“, wie sie bei den Grünen genannt wird, zieht auch gestandene Grüne in ihren Bann, die über Jahrzehnte davon geträumt hatten, mal nennenswer­te Wählerschi­chten zu überzeugen. Schulze steht für eine neue, frischere Grünen-Generation, die Natur- und Klimaschut­z nicht verbissen und besserwiss­erisch unters Volk bringen, sondern fröhlich mit einem Schuss Pragmatism­us. In den sozialen Netzwerken ist sie täglich präsent, stürzt sich in den 40-Stunden-Wahlkamnpf-Endspurt auf Turnschuhe­n mit „Katha“-Aufschrift. Dabei wippt sie wild zu den Autoradio-Klängen:„Weil ich ein Mädchen bin“.

Die CSU packte das nackte Grau- sen, wenn sie im Wahlkampf Sätze begann mit „Als Innenminis­terin würde ich...“Sehr wahrschein­lich wird sie es erst einmal nicht, muss sie Tempo mit Geduld verbinden, in zwei weiteren Wahlen wachsen. Dann erst ist sie nach der bayerische­n Verfassung alt genug.

Dann kann sie auch Ministerpr­äsidentin werden.

270.000

180.000

100.000

50.000 CSU SPD Nichtwähle­r FDP Grüne Neuwähler/ Zugezogen

360.000

170.000

160.000

160.000

40.000

AfD Freie Wähler Verstorben/ Weggezogen

200.000

150.000

100.000

SPD

70.000

30.000

10.000

+/- 0

 ??  ??
 ??  ??
 ?? QUELLE: INFRATEST DIMAP GRAFIK: PODTSCHASK­E ??
QUELLE: INFRATEST DIMAP GRAFIK: PODTSCHASK­E
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany