Rheinische Post Krefeld Kempen
Illegales Autorennen: Willicher steht seit gestern vor Gericht
MÖNCHENGLADBACH/WILLICH Im Juni 2017 kam ein Fußgänger in einer Tempo-40-Zone in Mönchengladbach ums Leben, als er beim Überqueren einer Straße von einem Auto erfasst wurde. Seit gestern müssen sich zwei junge Männer dafür vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Mönchengladbach verantworten. Beiden wird vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs vorgeworfen – einem 29-jährigen Schwalmtaler, der den Fußgänger erfasste, in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung, einem 26-jährigen Willicher wird zusätzlich Unfallflucht vorgeworfen.
Die beiden Männer sollen sich am Tatabend ein spontanes Autoren- nen geliefert haben und mit bis zu 100 km/h gefahren sein. Bei einem Überholversuch soll der Schwalmtaler auf die Gegenspur der vierspuren Straße ausgewichen sein. Dabei soll er einen 38-Jährigen erfasst haben, als dieser die Fahrbahn überquerte. Das Opfer sei durch den Zusammenprall 37 Meter durch die Luft geschleudert worden und verstarb kurz darauf an seinen schweren Verletzungen. Der Unfallfahrer war zunächst wegen Mordes in U-Haft gekommen, später wurde diese Anklage jedoch zurückgenommen, da es keinen hinreichendenTötungsabsatz gebe. Bei einerVerurteilung drohen beiden Angeklagten bis zu fünf Jahre Haft. Ein verschärfter Paragraf des Strafgesetzbuches, der bei verbotenen Autorennen mit tödlichem Ausgang bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe vorsieht, trat erst nach dem Unfall in Kraft.
Gestern ließ der Schwalmtaler über seinen Verteidiger erklären, er werde gestehen, zu schnell gefahren zu sein und einen Menschen getötet zu haben. Er bestreite jedoch, an einem Rennen teilgenommen zu haben. Er habe das andere Auto, einen silbernen Seat Cupra, den der Willicher gefahren haben soll, erst wahrgenommen, als er von diesem überholt wurde. Er meine, rekonstruieren zu können, dass er in der linken Fahrspur an der Ampel gestanden habe, vor ihm ein dunkles Auto, neben ihm ein roter Golf und daneben der Cupra auf der rechten Abbiegespur. Er sei zügig angefahren, plötzlich sei der silberne Wagen vor ihm gewe- sen, abrupt und ohne zu blinken. Er sei dann ein Stück auf die Gegenfahrbahn ausgewichen, um eine Kollision zu vermeiden. Den Fußgänger habe er erst bemerkt, als sein Bruder, der Beifahrer war, gesagt habe „Vorsicht, da ist jemand“.
Die Videoauswertung eines nahe dem Unfallort gelegenen Fast-Food-Restaurants zeigt, dass die Angeklagten kurz vor dem tödlichen Unfall den Drive-In genutzt haben. Die Auswertung zeige jedoch keinen persönlichen Kontakt zwischen beiden. Eine 22-jährige Zeugin erklärte, am Tatabend als Beifahrerin ihres Mannes im Auto an einer Ampel gewartet zu haben. An der Rechtsabbiegespur habe ein silberner Seat gestanden. Beim Anfahren habe dessen Fahrer, der angeklagte Willicher – statt abzubiegen – sie geschnitten und sich unmittelbar vor ihr Auto gesetzt. Ihr Mann habe stark bremsen müssen, um einen Auffahrunfall zu vermeiden. An der Brücke an der Unterführung zur Fliethstraße habe sie dann bemerkt, dass die beiden Seats der Angeklagten, einer silber, einer blau oder schwarz, nebeneinander auf den beiden Geradeaus-Spuren fuhren. Es habe für sie den Eindruck eines Rennens gemacht, sie habe das Gefühl gehabt, der Fahrer des dunklen Fahrzeugs habe sich durch das Schneiden ihres Autos von dem anderen Fahrer „angestachelt“gefühlt. Irgendwann sei der silberne Wagen halb auf die Spur des dunklen gefahren, habe diesen geschnitten. Der Fahrer des dunklen Wagens sei in den Gegenverkehr ausgewichen und habe den Mann erfasst.
Es habe ein schreckliches Geräusch gegeben. Ihr Mann habe an einer Baustelle gehalten, sie sei ausgestiegen und habe den Rettungsdienst gerufen. Das Opfer habe halb unter einem Brückenpfeiler gelegen. Ihr Mann habe zusammen mit einem anderen Zeugen einen Rettungswagen anhalten können, die Besatzung habe das Opfer dann versorgt. Der Fahrer des dunklen Seats sei ausgestiegen und habe die Hände über den Kopf geschlagen, sie habe ihn angeschrien, was sie da gemacht hätten. Den zweiten Fahrer habe sie nicht gesehen, erst als die Polizei fragte, sei ihr aufgefallen, dass das zweite Auto fehlte.
Der Prozess wird fortgesetzt.