Rheinische Post Krefeld Kempen

Ayhan als Symbol der 1:7-Schmach

Fortunas Abwehrchef bietet beim Debakel in Frankfurt eine üble Vorstellun­g. Er führt die Riege der selbstkrit­ischen Spieler an.

- VON PATRICK SCHERER

Er gilt als Führungsfi­gur, als Spieler, der die im Fußball so oft herbeigewü­nschte Konstanz verkörpert.Woche für Woche liefert Kaan Ayhan in der Bundesliga überdurchs­chnittlich­e Leistungen ab, ohne Ausreißer nach unten – bis zum vergangene­n Freitag in Frankfurt. Beim 1:7 gegen die Eintracht geht Fortunas Abwehrchef nicht nur mit seiner Mannschaft unter, er ist ein Hauptgrund für die – auch in dieser Höhe – verdiente Schmach. „Mir fehlt das Superlativ für diese Leistung“, sagte

Ayhan kurz nach der Partie, „und mir fehlt auch eine Erklärung, wie das passieren konnte. So ein Spiel darf natürlich nicht passieren.“

Der gebürtige Gelsenkirc­hener steht dafür, dass sich seine Mannschaft in schwierige­n Phasen eines Spiels an ihm aufrichten kann. Diese Rolle soll Ayhan ausfüllen und sie ist auch sein eigener Anspruch als Innenverte­idiger, der auch in der türkischen Nationalma­nnschaft eine wichtige Größe werden möchte. Immerhin: Die Größe, zu seinen Fehlern zu stehen, zeigte er bereits am Freitag unmittelba­r nach dem Abpfiff: „Wir haben zu viele Fehler gemacht. Vor allem ich möchte in der Bundesliga ein anderes Bild abliefern“, betonte Ayhan. „Wir hatten ein paar Totalausfä­lle heute und ich habe dazugehört. Das tut mir leid für die Mannschaft.Wenn in der Abwehr einer so einen rabenschwa­rzen Tag erwischt, dann kommt so ein Ergebnis zustande.“

In der Tat fehlte es bei Ayhan an allem, was er sonst zu bieten hat: Zweikampfs­tärke, gutes Stellungss­piel und das Gespür, im richtigen Moment mit einemVorst­oß bei Ballbesitz für Überzahl zu sorgen. Statistike­n sagen sicher nicht alles aus, sie geben aber häufig ein Indiz für das Arbeitszeu­gnis. In Frankfurt führte Ayhan 17 Zweikämpfe, nur vier Mal ging er als Sieger hervor. Eine Zweikampfq­uote von 23,53 Prozent ist für einen Innenverte­idiger die Höchststra­fe. „Wenn ein Linksaußen, ein Rechtsauße­n oder ein Stürmer mal einen schwarzen Tag hat, dann kann man das kompensier­en. Heute waren es gefühlt 90 Angriffe auf unser Tor. Da muss man fast schon sagen: Zum Glück haben wir nur sieben Tore bekommen“, erklärte Ayhan in sarkastisc­hem Unterton.

Er wollte aber zumindest auch nicht die fragwürdig­e Elfmeteren­tscheidung nach Videobewei­s vor dem 1:0 als Entschuldi­gung gelten lassen: „Dann müssten wir uns ja nur noch die Ausreden für sechs andere Tore einfallen lassen. Wenn man sieben Tore kriegt, muss man sich selbst kritisiere­n. Heute gibt es keine Ausreden.“

Ayhan plädierte dafür, die Aufarbeitu­ng dieses Spiels knapper ausfal-

„Wir hatten ein paar Totalausfä­lle

heute und ich habe dazugehört“Kaan Ayhan Abwehrspie­ler

len zu lassen. „Es bringt nichts, jeden Fehler einzeln zu analysiere­n. Das ist meine Meinung, wir werden sehen, wie das Trainertea­m das sieht. Ich finde, man muss so ein Spiel einfach mal abhaken und dann eine Trotzreakt­ion zeigen“, sagte er. Sein Trainer war da aber ganz anderer Meinung: „Nein, dieses Spiel muss analysiert werden“sagte Friedhelm Funkel. „Es gibt Spiele, da gebe ich ihm Recht. Als wir 1:6 in Hannover im Pokal 2016 gespielt haben, habe ich das geschluckt. Aber dieses Spiel hier wird gnadenlos analysiert.“

Da muss auch der Abwehrchef durch. Vielleicht findet Ayhan dann nach ausführlic­hem Videostudi­um auch eine Erklärung, warum er seinem eigenen Anspruch in diesem Spiel einfach nicht gerecht werden konnte.

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FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N Entschuldi­gung: Kaan Ayhan vor dem Fortuna-Fanblock nach dem Spiel in Frankfurt.

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