Rheinische Post Krefeld Kempen
Große Enttäuschung beim KFC
Bei der 0:2-Niederlage gegen die Sportfreunde Lotte gibt es erstmals Pfiffe, weil die Mannschaft ihre Leistung nicht bringt. Sie sind zugleich Ausdruck völlig überzogener Erwartungen. Der Aufsteiger ist Tabellendritter.
Wenn sich in der Niederlage Größe zeigt, so darf diese René Vollath attestiert werden. Der 28 Jahre alte Torhüter hatte in der 22. Minute gepatzt. Ein Schuss von Maximilian Osterhelweg, den der Keeper schon sicher zu haben schien, rutschte ihm noch durch die Hände. Vollath war sauer und enttäuscht, zumal seine Mannschaftskameraden sich davon ziemlich stark beeindrucken ließen und nicht in der Lage waren, den Fehler ihres Torhüters durch eigene Treffer zu korrigieren. Doch der Torhüter duckt sich nicht weg, sondern stellt sich. „Ganz klar, das 0:1 geht auf meine Kappe“, sagt er, bevor er in die Kabine geht. „Der darf mir nicht durchrutschen. Heute fasse ich mir an die eigenen Nase – und weiter geht’s.“
Tatsächlich fasst Vollath sich an die eigene Nase, dabei wäre es ein Leichtes für ihn gewesen, auch die Mitspieler zu kritisieren. Denn ihr Verhalten nach diesem Fauxpas war erschreckend. Die Mannschaft wirkte wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen: völlig verunsichert, orientierungslos, ideenlos, mutlos. „Ein Gegentor darf uns nicht derart aus der Bahn werfen“, meinte Trainer Stefan Krämer. „Danach wirkten wir im Spielaufbau sehr fahrig. Da haben wir Bälle in Räume gespielt, in denen sie uns der Gegner schnell klauen konnte. Dadurch sind wir aus dem Tritt gekommen. Auf einmal wollen dann selbst etablierte Spieler den Ball nicht mehr so richtig haben und verstecken sich.“
Natürlich hätte das Spiel auch noch einmal kippen können, als ein Kopfball von Dominic Maroh von Lottes Torjäger Gerrit Wegkamp noch auf der Linie geklärt wurde und wenige Sekunden später ein Schuss von Ali Ibrahimaj vom Innenpfosten nicht ins Tor, sondern heraus prallte. Auf der anderen Seite gewann Wegkamp dann nach einer Ecke das Kopfballduell gegen Jan Holldack und sorgte mit dem 0:2 für die Entscheidung.
Krämer war vor allem mit der Einstellung seiner Mannschaft nicht zufrieden. „Mentalität und Leidenschaft schlagen Qualität, das ist einfach so“, sagte er. „Wenn wir die Mentalität nicht haben, werden wir in der Dritten Liga nicht bestehen. Wir können die teuerste Mannschaft der Welt zusammen kaufen, wenn die Mentalität nicht stimmt, wirst du in der Dritten Liga keinen Erfolg haben.“All das hat er der Mannschaft immer wieder gesagt.
Und nun? „Wir müssen die richtigen Spieler auswählen und der Mannschaft noch mal klar vor Augen führen, was Dritte Liga heißt.“Dabei dürfte es zunächst einmal um die so genannten Tugenden oder Grundelemente des Fußballs gehen: laufen, Zweikämpfe gewinnen, Ballsicherheit. Dazu bedarf es der richtigen Einstellung, der notwendigen Aggressivität.
Da all das fehlte, war die Enttäuschung natürlich groß – bei den Spielern ebenso wie bei den Zuschauern. Einige machten ihrem
KFC Uerdingen – SF Lotte
Uerdingen:
Vollath – Großkreutz (46. Holldack), Maroh, Schorch, Dorda – Konrad, Öztürk – Litka (59. Dörfler), Krempicki (59. Ibrahimaj), Kefkir – Aigner.
Kroll – Langlitz, Straith, Rahn, Schulze, Neidhardt – Lindner (69. Karweina), Hofmann (69. Al-Hazaimeh), Osterhelweg (87. Awassi), Nguendong – Wegkamp.
Lotte: Schiedsrichter: Tore:
Riem Hussein (Bad Harzburg). 0:1 Osterhelweg (22.), 0:2 Wegkamp (79.). Unmut lautstark Luft. So gab es erstmals deutlich zu vernehmende Pfiffe. Die waren aufgrund der schwachen Einstellung und Kampfbereitschaft zwar verständlich, doch sind sie auch ein Zeichen eines völlig verfehlten Anspruchsdenkens. Einige scheinen ziemlich schnell vergessen zu haben, wo der KFC her kommt: Die Mannschaft, die zwar verstärkt wurde, spielte vor eineinhalb Jahren noch in der fünften Liga. Jetzt ist sie Tabellendritter in der Dritten Liga. „Das Spiel hatte eine unglaubliche Intensität. Wir haben uns phasenweise auf einen offenen Schlagabtausch eingelassen, was wir nicht durften. Das Momentum war heute auf unserer Seite, zum Beispiel bei dem Pfostenschuss. Durch eine Standardsituation haben wir das Spiel dann entschieden.“ „Wir hatten unsere Chancen, machen sie aber nicht rein und kassieren dann ein unglückliches 0:1. Es war natürlich nicht unser bestes Spiel, aber wir hatten unsere Möglichkeiten. Wir müssen sie Tore machen, so wie wir sie zu Saisonbeginn gemacht haben – das ist der Unterschied. Es liegt nur an Kleinigkeiten. Das ist bitter, denn die Mannschaft ist intakt und der Tariner arbeitet jeden Tag hart.“ „Das war viel zu wenig. Wir haben uns kaum Chancen erspielt. Wir haben gegen einen Gegner verloren, gegen den wir, wenn wir unsere Leistung abrufen, gewinnen müssen. Nachdem sie in Führung gegangen sind, war es natürlich schwer, denn die können rennen und kämpfen. Wir dürfen jetzt aber auch nicht alles schlecht reden. Im Training haben wir überragende Spielzüge, bringen sie aber nicht auf den Platz.“
Stefan Aigner