Rheinische Post Krefeld Kempen
Deutscher Ballsportmeister NRW
NRW-Vereine prägen seit jeher die Bundesligen im Fußball, Handball, Basketball und Volleyball. Doch nur ein einziges Mal stellten Teams aus dem Westen bisher zur selben Zeit die Meister in den vier großen Ballsportarten: 1971.
Für die jüngeren in diesem Bundesland dürfte es fast schon ein bisschen unwirklich klingen, aber es gab mal eine Zeit, da musste sich der große Fußball in Nordrhein-Westfalen die Aufmerksamkeit mit anderen Ballsportarten teilen, da gingen Zuschauer auch in erklecklichen Größenordnungen zum Handball, Basketball oder Volleyball. Es war eine Zeit, in der Vereine an Rhein und Ruhr in den Ballsportarten zum Besten des Landes zählten und Deutsche Meistertitel in Hülle und Fülle gewannen. Doch selbst in dieser glorreichen Vergangenheit findet sich nur ein Jahr, in dem Herren-Teams aus NRW die nationalen Titel in den großen vier Ballsportarten stellten: Das war 1971. Ein Rückblick.
Mindestens am linken Niederrhein zählt bis heute zum Allgemeinwissen, dass die Fußballer von Borussia Mönchengladbach 1971 ihre zweite von fünf Deutschen Meisterschaften gewannen. Ein gewisser Jupp Heynckes kehrt zur Saison vorzeitig von seinem Gastspiel aus Hannover zurück und wirkt laut Trainerlegende Hennes Weisweiler „manchmal wie ein Fremdkörper“in einem eingespielten Team. Doch die Kritik spornt Heynckes an, mit 19 Treffern trägt er maßgeblich zur Titelverteidigung bei. 77:35 Tore lautet Borussias Bilanz am Saisonende – der Meister stellt den besten Angriff und die beste Abwehr. Dass lediglich 15 eingesetzte Spieler diesen Erfolg stemmen, weckt beim Blick auf heutige Kadergrößen einer Bundesligamannschaft ungläubiges Staunen. Ein Staunen, wie es auch die ersten Europapokalgegner Borussias hatten, als sie erstmals dem schier unaussprechlichen Namen Mönchengladbach begegneten. Weisweiler meinte nur: „Wir müssen zweimal Deutscher Meister werden, dann kennt man uns in Europa.“
Parallel schickten sie sich in Lever- kusen an, eine Basketball-Erfolgsstory zu starten. 1970 hatte der damalige TuS 04 Leverkusen erstmals und als erstes Team überhaupt das Double aus Meisterschaft und Pokalsieg gefeiert. Dass dieser Erfolg keine Eintagsfliege war, sollte sich im Jahr drauf zeigen. 1971 bestätigte der „Bayer-Werksklub“, der binnen weniger Jahre aus der Bezirksliga in die höchste Spielklasse emporgekommen war, seine Ausnahmestellung. Mit Günter Hagedorn als Trainer und den Nationalspielern Dieter Kuprella, Jochen Pollex und Norbert Thimm verteidigten die Leverkusener beide Titel erfolgreich. In Achim Kuczmann war zudem einYoungster Teil des Teams, der bis ins Jahr 2018 fast 30 Jahre lang als Trainer in Le- verkusen arbeiten sollte. 1984 ging der TuS 04 im heutigen TSV Bayer 04 Leverkusen auf.
Unter seinen früheren Namen Grün-Weiß Dankersen können wohl nur eingefleischte Handball-Fans etwas mit demVerein aus Ostwestfalen-Lippe anfangen. Unter dem Namen, den er seit 1985 trägt, ist er bekannter: GWD Minden. Aber es war eben Dankersen, das im März 1971 in der Dortmunder Westfalenhalle sensationell den ersten von bis heute zwei Meistertiteln der Vereinsgeschichte gewann. Auf demWeg hierhin hatten die Mindener als Erster der Nord-Staffel im Halbfinale zunächst Titeltverteidiger Frisch Auf Göppingen und schließlich im Endspiel den TV Großwallstadt besiegt. Jubel gab es in diesem Jahr auch ohne Meisterschaft in Gummersbach: Der VfL gewann den Europapokal der Landesmeister.
Die Volleyball-Herren des USC Münster spielen aktuell in der Landesliga, es sind die Frauen, die Gründungsmitglied der Bundesliga sind, ihr seit 1976 als einziger Verein ununterbrochen angehören und seit der Wiedervereinigung fünf Meistertitel vorweisen können. Doch bevor die Frauen denVereinsnamen deutschlandweit bekanntmachten, war die Herren-Mannschaft hierzulande das Maß aller Dinge. Zwischen 1965 und 1972 gingen acht Deutsche Meistertitel in Serie in die Universitätsstadt. So eben auch 1971. Im perfekten NRW-Ballsportjahr.