Rheinische Post Krefeld Kempen
Das Fischeln-Syndrom
Die Verkehrsproblematik der Kölner Straße ist jedem bekannt, denn jeder Autofahrer Krefelds hat sich irgendwann einmal über diese überlastete Straße gequält. Fischeln ist mit dieser Problematik alles andere als ein Sonderfall, sondern symptomatisch für die Dauer von Planungsprozessen in Deutschland. Selbst ohne das Baugebiet Südwest wäre es längst angezeigt, den Stadtteil durch eine Umgehungsstraße zu entlasten. Fischeln hätte ein anderes Gesicht, auch: eine andere Lebensqualität. Wie wenig die Kölner Straße als faktische Mini-Ausfallautobahn für Krefeld taugt, wird immer dann deutlich, wenn die Straße für Feste gesperrt ist und den Fußgängern gehört. Dann stimmen plötzlich die Proportionen. Dabei geht es nicht darum, die Kölner Straße zur Fußgängerzone zu machen, aber zu einer Straße mit wenig Verkehr, wo Auto, Rad und Mensch in einer „Begegnungszone“unaufgeregt miteinander existieren. Begegnungszone heißt übrigens der Innenstadtbereich im belgischen Eupen. Die Stadt ist für Verkehrspolitiker einen Ausflug wert: Dort kann man sehen, wie sich alle Verkehrsformen nebeneinander bewegen, ohne dass der Eindruck von Beschaulichkeit verloren geht.
Fischeln ist ein Beispiel, wie Verkehrspolitik hierzulande die Interessen der neuerdings gern beschworenen „Menschen“missachtet (es gibt in der Politikersprache keine Leute mehr, es gibt nur noch „Menschen“; klingt wohl erhabener). Dabei sind Kommunalpolitiker nicht die Hauptverursacher; sie müssen selber mit Instrumenten hantieren, die in Jahrzehnten, nicht in Jahren funktionieren. Das Fischeln-Syndrom also: Während die große Politik gern den „Menschen“beschwört, müssen die Leute in Fischeln wohl noch ein paar Jährchen auf eine Neuordnung des Verkehrs warten. Es ist ein Elend.