Rheinische Post Krefeld Kempen

Wenn Hollywood-Star Ralf Möller hilft

Bereits zum dritten Mal läuft oder radelt Sabrina Tophofen von Krefeld nach Berlin. Die 37-Jährige will mit den Aktionen ein Zeichen gegen Kindesmiss­brauch setzen. Dabei erhält sie prominente Unterstütz­ung.

- VON SVEN SCHALLJO

Von Krefeld nach Berlin sind es, so behaupten Navigation­ssysteme, rund 580 Kilometer. „Das ist aber nur über die Autobahn so“, sagt Sabrina Tophofen lachend. „Zu Fuß sind es etwa 750 Kilometer, wir waren 28 Tage unterwegs.“Doch warum ist der Fußweg in die Hauptstadt überhaupt eine relevante Größe? Das ist der Fall, weil Tophofen und elf Mitstreite­r ihn auf sich nahmen, um auf Missbrauch und die Situation von Straßenkin­dern aufmerksam zu machen.

Die 37-Jährige reiste bereits zum dritten Mal unmotorisi­ert in die Hauptstadt. Beim ersten Mal war sie allein mit dem Fahrrad gefahren. Motto der Tour war „Nein ist nein“. Damit wollte sie, selbst in ihrer Jugend Opfer schlimmen Missbrauch­s und später Straßenkin­d, auf die Situation vieler kindlicher und jugendlich­er Opfer sexueller Straftaten aufmerksam machen. Im Vorjahr lief sie zu Fuß unter dem Titel „weltweiter Missbrauch“. Diesmal waren sie und ihre Mitstreite­r erneut wochenlang unterwegs.

„Angefangen habe ich allein. Jetzt waren wir schon zwölf Personen. Das zeigt, dass sich etwas bewegt“, sagt die Aktivistin stolz. Ihre Mitstreite­r entstammen dabei selbst der Obdachlose­nszene. Einer von ihnen ist Theo Rose. Er arbeitet gemeinsam mit Tophofen im Begegnungs­café an der Kölner Straße. Für den Lauf hörte er eigens mit dem Trinken auf. „Ich habe gesagt, dass auf dem Weg kein Alkohol getrunken wird“, erläutert Tophofen. Rose wollte unbedingt dabei sein. Der Wille war sogar stärker als die Sucht. „Ich bin unglaublic­h stolz auf Theo. Er kam zu mir, ich sagte ihm, dass er nur mitgehen dürfe, wenn er nicht trinkt. Da hat er vor meinen Augen eine Flasche Whiskey ausgeschüt­tet und seither nicht mehr getrunken“, erzählt sie beeindruck­t.

Das älteste Mitglied der Wandergrup­pe zählte nicht weniger als 76 Jahre. „Er ist keineswegs abgefallen. Ali ist immer vorn dabei gewesen“, sagt die Organisato­rin. In der letzten Woche, in etwa die letzten 250 Kilometer, war auch ihre Tochter mit dabei. Die Zwölfjähri­ge nahm als Botschafte­rin der Albert-Schweitzer-Schule teil. Die Schulleitu­ng war aufgeschlo­ssen für die Idee. „Sie haben Gabrielle sofort die Woche frei- gegeben, das war super“, erzählt die stolze Mutter.

Unterwegs erlebten sie in Wolfsburg eine Überraschu­ng. „Ich hatte große Angst vor Wolfsburg. Im Vorjahr kam es für mich als Täter-Opfer-Stadt rüber. Als wir dort waren, kamen Menschen zu mir und erzählten von selbst erlebtem Missbrauch. Andere beschimpft­en uns und vertraten die Ansicht, unser Anliegen sei unrecht“, sagt sie, auch im Rückblick noch ungläubig. „Doch diesmal war alles sehr positiv. Die Menschen waren aufgeschlo­ssen, haben uns begleitet. Das war wunderschö­n“, berichtet sie.

In Recklingha­usen trafen sie nicht nur, wie in vielen Städten, den Oberbürger­meister, hier Christoph Tesche, auch Hollywoods­tar Ralf Möller, der Tophofen seit vielen Jahren unterstütz­t, traf sich mit den Akti- visten. „Ralf habe ich vor etwa sechs Jahren beim Projekt ‚Starke Typen’ kennengele­rnt. Damals ging es um die Verbesseru­ng von Chancen für Hauptschül­er in der Berufswelt. Heute ist er ein enger persönlich­er Freund und unterstütz­t mich bei vielen meiner Projekte. Er spendet immer wieder für Kleidung für Obdachlose oder gibt eigene Sachen“, erzählt die Aktivistin über ihre prominente Bekanntsch­aft. Beide hatten im Jahr 2013 auch mit dem zwischenze­itlich verstorben­en Götz George ein Projekt für Kinder im Duisburger Planet Hollywood unterstütz­t. „Über meine Bücher kam er auch an das Thema Kindesmiss­brauch und Gewalt in der Familie und engagiert sich auch gemeinsam mit dem Weißen Ring für Kinder- und Frauenrech­te.“

Auf ihremWeg wurde es noch einmal in der Hauptstadt selbst problemati­sch. „Als wir ankamen, war gerade Erdogan zu Besuch. Die ganze Stadt war abgeriegel­t. Wir mussten aber in den Regierungs­bezirk, denn dort war die Konferenz. Die Polizist hielt uns erst für Autonome. Wir sind von Puma mit komplettem Laufequipm­ent ausgestatt­et worden. Aber das war durchgehen­d in Schwarz. Da waren die Polizisten irritiert. Nächstes Jahr bestehe ich auf Regenbogen­farben“, erzählt Tophofen lachend. „Aber dann haben sie extra für uns die Straßen abgesperrt, als wir erklärt haben, warum wir laufen. Einige Polizisten haben uns sogar geleitet, um uns vor Demonstran­ten beider Seiten zu schützen. Das war toll.“

Ob sie im nächsten Jahr wieder läuft? Wahrschein­lich.Aber bis zu konkreten Planungen ist noch Zeit. In jedem Falle ist es einmal mehr ein starkes Zeichen einer Frau und ihrer Mitstreite­r.

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FOTO: ST In Recklingha­usen traf Sabrina Tophofen (Mitte) nicht nur Oberbürger­meister Christoph Tesche, sondern auch Hollywoods­tar Ralf Möller (der Größte der Gruppe; links von Sabrina Tophofen). Der Schauspiel­er („Gladiator“) unterstütz­t die Krefelderi­n seit vielen Jahren.

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