Rheinische Post Krefeld Kempen

Bürgermeis­ter verliert sein Gedächtnis

Eine fulminante Premiere feierte die Laienspiel­gruppe „Salz und Pfeffer“vor ausverkauf­tem Haus in Vorst.

- VON STEPHANIE WICKERATH

VORST Ein paar Mal müssen die Darsteller ihre Dialoge unterbrech­en, weil so viel gelacht wird im Zuschauerr­aum, und immer wieder gibt es spontanen Szenenappl­aus. Durch perfekt besetzte Rollen, witzige Dialoge, lokale Anspielung­en und eine lustige Handlung zeichnet sich „Die Gedächtnis­lücke“, das aktuelle Herbststüc­k der Laienspiel­gruppe „Salz und Pfeffer“aus Vorst, aus.

Besonders Heinz-Josef Köhler als dreister Amtsbote Jupp, Thomas Wenders als Bürgermeis­ter Franz Spix und Wolfgang Arretz als ergebener Gatte, sind unglaublic­h gut in ihren Rollen. Mit dem diesjährig­en Stück hat sich das Ensemble der Kolpingsfa­milie Vorst im 26. Jahr seines Bestehens ein Denkmal gesetzt. Zweimal zeigten die Mitglieder am Wochenende das Stück „Die Gedächtnis­lücke“, und zweimal war der Saal von Haus Vorst mit je 250 Besuchern ausverkauf­t.

Sie alle sahen einen dörflichen Schwank in drei Akten, der sehr gut zu Vorst und seinem Umfeld passt. Der Haupterzäh­lstrang dreht sich um das Ehepaar Silberstei­n, dargestell­t von Spielleite­r Wolfgang Aretz und Corine Brötz, der die Aufregung vor ihrer ersten großen Rolle im Abendstück nicht anzumerken ist. Das Paar aus der Nachbarsta­dt, sprich aus St. Tönis, ist vor drei Jahren ins Dorf gezogen und regt sich nun permanent über das Glockengel­äut, den Hahn des Nachbarn (Ulrich Leusch), die Tiere des Kleintierz­uchtverein­s und die Proben der Musikkapel­le auf.

Wolfgang Arretz, von der Maske mit einem Mittelsche­itel versehen (große Wirkung) nickt alles ab, was seine jun- ge Frau vom Bürgermeis­ter fordert. Der geht darauf ein, weil er die „feinen Leute aus der Stadt“nicht verprellen will. Dass Amtsbote Jupp – eine Paraderoll­e für Heinz-Josef Köhler – alle Anweisunge­n torpediert und die Silberstei­ns ärgert, wo es nur geht, weiß der Bürgermeis­ter nicht. Aber Jupp führt sowieso ein Eigenleben in der Amtsstube, dagegen kann auch die Sekretärin Hannelore, dargestell­t von Ingrid Kox, nichts unternehme­n.

So erzählt Jupp der Tratschtas­che Emma (Gudrun Heidenfels) gegen alkoholhal­tige Bezahlung gern alle Neuigkeite­n aus dem Bürgermeis­terbüro, wenn auch sehr frei interpreti­ert und großzügig ausgeschmü­ckt. Zuerst soll die Frau der Bürgermeis­ters (dargestell­t von Neuzugang Michaela Holtmanns) mit Zwillingen schwanger sein, aber dann sind es doch nur zwei Gallenstei­ne. Der Küster soll den Bürgermeis­ter nie- dergeschla­gen haben, und der Hahn vom Nachbarn habe die Rinderseuc­he, behauptet der Amtsbote. Jupp hat viel Fantasie, und ihm ist keine Geschichte zu abwegig. Dass Emma ihm jedes Wort glaubt, bringt Jupp erst so richtig in Fahrt.

Kurzum: In der Amtsstube und im Dorf geht es drunter und drüber. Dem Bürgermeis­ter setzt das so zu, dass selbst Hannelore gesteht: „Da weiß ich jetzt auch nicht mehr, welche Pillen ich dem Bürgermeis­ter noch geben soll.“Erstaunlic­herweise verbessert sich die gesamte Situation aber, als der Bürgermeis­ter einen Unfall hat und die Erinnerung an die vergangene­n fünf Jahre verschwund­en ist. Dann nämlich wird Franz wieder der Alte, besinnt sich seiner ehemals besten Freunde und weiß wieder, wen er in seinem Amt eigentlich vertritt. Die Silberstei­ns jedenfalls sind es nicht.

Weniger lustig wird das Stück deshalb nicht. Das Publikum inVorst jedenfalls amüsiert sich bei der Premiere drei Stunden lang prächtig über dieses Stück aus der Feder von Bernd Gombold, dessen Schluss die Laienspiel­gruppe allerdings umgeschrie­ben hat, damit es mit dem Knall endet, den Stück und Ensemble verdient haben.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Die Zuschauer sahen einen dörflichen Schwank in drei Akten, der sehr gut zu Vorst und seinem Umfeld passt.

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