Rheinische Post Krefeld Kempen

„Die EU braucht eine echte Regierung“

Der ehemalige Bundeskanz­ler über die Rolle Europas, seine Beziehunge­n zu Wladimir Putin und die Zukunft der SPD.

- MICHAEL BRÖCKER UND THOMAS THELEN FÜHRTEN DAS INTERVIEW.

te Unsicherhe­it der Menschen. Darauf muss eine Volksparte­i reagieren.

Es heißt, eine Erneuerung geht nur in der Opposition.

SCHRÖDER Das stimmt doch nicht. Dann müsste der bayerische Landesverb­and der SPD nach 60 Jahren Opposition ja die Speerspitz­e des Erfolgs sein. Man kann gute Regierungs­arbeit leisten und trotzdem mutige, inhaltlich­e Vorschläge machen, die nicht mit dem Koalitions­partner abgesproch­en sind. Olaf Scholz hat das mit der europäisch­en Arbeitslos­enversiche­rung ja gezeigt. Wenn die SPD wieder Vertrauen gewinnen will, muss sie gut regieren. Aber nicht still und unauffälli­g, so dass es keiner merkt. Sondern die Minister müssen das Amt auch nutzen, um Debatten anzustoßen. Warum hat die SPD nicht eine Antwort auf die Macron-Vorschläge, etwa aus dem Finanzmini­sterium, gegeben?

Ist das Spitzenper­sonal erneuerung­sfähig? Olaf Scholz musste schon die Agenda-Reformen 2003 verteidige­n und ist in der SPD bis heute eher geduldet.

SCHRÖDER Er hat die Reformen damals inhaltlich gestützt, weil er – wie ich – davon überzeugt war. Und die Reformen waren ja wirtschaft­lich erfolgreic­h. Jetzt macht er als Finanzmini­ster einen guten Job. Das kann er in der Öffentlich­keit ruhig etwas selbstbewu­sster darstellen.

Was trauen Sie Andrea Nahles zu?

SCHRÖDER Die SPD war immer dann erfolgreic­h, wenn sie nicht nur soziale, sondern auch wirtschaft­liche Kompetenz hatte. Wenn es der SPD gelingt, hier wieder dasVertrau­en der Bürger zu gewinnen, wird sie Erfolg haben. Wenn nicht, dann wird es auch für die Vorsitzend­e schwierig.

Es braucht also eine Erneuerung an der Spitze der Partei?

SCHRÖDER Der Mensch ist lernfähig. Ich war es in meinem Leben ja auch.

Sie meinen die SPD-Führung?

SCHRÖDER Wie gesagt: Der Mensch ist lernfähig. Das darf auch die SPD-Vorsitzend­e für sich in Anspruch nehmen.

Zum Abschluss: Wie fühlt es sich an, die fünfte Ehe?

SCHRÖDER Gut. Ich bin sehr glücklich.

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FOTOS: ANDREAS STEINDL Gerhard Schröder (74) war von Oktober 1998 bis November 2005 der siebte Bundeskanz­ler.
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