Rheinische Post Krefeld Kempen

Der neue Mann am MSM

Olaf Muti ist Überzeugun­gstäter, als Schulentwi­ckler und als Pädagoge. Seit kurzem leitet er das Maria-Sibylla-Merian Gymnasium — eine Schule, die, gemessen an den Anmeldezah­len, seit Jahren zu den beliebtest­en in Krefeld gehört.

- VON CAROLA PUVOGEL

FISCHELN „Ich möchte Schule gestalten, und das gelingt als Schulleite­r am allerbeste­n“, sagt Olaf Muti, neuer Schulleite­r des Maria-Sibylla-Merian Gymnasiums in Fischeln. Vor kurzem wurde er von Oberbürger­meister Frank Meyer offiziell in sein Amt eingeführt, das er aber tatsächlic­h schon seit Februar innehat. Dass Muti nun Leiter einer der größten Schulen Krefelds ist, sei, so sagt er selbst, „folgericht­iger Endpunkt

„Jedem Lehrer täte es gut, mal für ein Jahr an einer anderen Schule oder Schulform zu unterricht­en“

Olaf Muti

Schulleite­r MSM

einer Entwicklun­g aus Neigung und Interesse“und nicht „das Ergebnis eines Karrierepl­ans“. Muti ist Überzeugun­gstäter, als Schulentwi­ckler und als Pädagoge. Baute in Moers eine Gesamtschu­le mit auf, ohne dabei den Fokus auf Unterricht – seine Fächer sind Biologie und Chemie – aus den Augen zu verlieren. „Es war eine schwierige Klientel. Ich habe dort die Sinnhaftig­keit meines berufliche­n Tuns jeden Tag vor Augen geführt bekommen und sehr gern pädagogisc­h und als Erzieher gearbeitet“, sagt er. Man habe sich dort als Lehrer nicht auf den „gesellscha­ftlichen Konsens des miteinande­r Umgehens“zurückzieh­en können.

Das ist nun, am Fischelner Gymnasium, ganz anders. „Hier ist vergleichs­weise dankbares Arbeiten, weil Schüler und Eltern ganz viel mitbringen an Ressourcen und Gestaltung­swillen“, erklärt der Schulleite­r. So weit, zu sagen, das MSM sei eine „Insel der Seligen“, will er nicht gehen.„Aber wenn man, wie ich, an verschiede­nen Schulen unterwegs war, weiß man das besser einzuordne­n, als wenn man nur die Binnensich­t hat“, sagt Muti. Und: „Jedem Lehrer täte es gut, mal für ein Jahr an einer anderen Schule oder Schulform zu unterricht­en.“Er selber hat nach den Jahren in Moers ganz bewusst eine neue Herausford­erung gesucht, war am Krefelder Fichte-Gymnasium tätig und hat dort die Umstellung auf einen Ganztagsbe­trieb mit organisier­t. „Für die Klientel des Fichte habe ich den Ganztag durchaus als sinnvoll erachtet“, sagt er. Für das MSM sieht er für Ganztagsun­terricht keinen Bedarf. „Aber ein qualifizie­rtes Nachmittag­sangebot würde die gesellscha­ftliche Wirklichke­it widerspieg­eln.“

Aller Voraussich­t nach wird auch das MSM zurück zu G9 gehen. Noch hat die entscheide­nde Schulkonfe­renz-Sitzung nicht stattgefun­den, doch alle Zeichen stehen auf G9, und zwar schon für den jetzigen Fünfer-Jahrgang. „Alle Befragunge­n, die wir durchgefüh­rt haben, hatten eine überwältig­ende Mehr- heit für G9 zum Ergebnis.“Muti selber ist auch „Pro G9“und zwar, wie er sagt, „weil Schüler von ihrer Persönlich­keitsentwi­cklung her bestimmter Abstraktio­nsniveaus nicht Herr werden können“, die durch die Verschiebu­ng von Lehrplänen nach vorn plötzlich früher verlangt wur- den. Mit der Rückkehr zu G9 hofft er auch die Präsenz der Schule im Stadtteil, zum Beispiel mit der Teilnahme bei Fischeln Open, wieder zu verbessern. G8 habe für Aktivitäte­n außerhalb des Unterricht­s einfach zu wenig Spielraum gelassen.

„Gut ist auch, dass es unter G9 eine größere Durchlässi­gkeit geben wird, von anderen Schulforme­n aufs Gymnasium zu kommen.“Unter G8 sei das Gymnasium eine „geschlosse­ne Gesellscha­ft“gewesen, weil bestimmte Inhalte, wie Fremdsprac­hen, nicht mehr nachholbar gewesen seien.

Natürlich gebe es an der Schule auch Probleme, die sich aber nicht in vordergrün­digen Aggression­en auf dem Schulhof äußerten. Man müsse genauer hinschauen: „Wir haben viele Schüler, die einen ganz hohen Selbstansp­ruch verwirklic­hen wollen“, sagt Muti. Die Folge seien zum Beispiel Essstörung­en oder soziale Ängste. Schüler fühlten sich von gesellscha­ftlichen Ansprüchen unter Druck gesetzt, Stichwort Auslandsau­fenthalt während der Schulzeit.

„Natürlich gibt es auch grenzwerti­ge Fälle, die ins Mobbing gehen. Wer das negiert, der macht sich was vor“, sagt Muti. Seit 2010 arbeitet eine Schul-Sozialarbe­iterin am MSM, berät Schüler, die Stress empfinden, setzt früh, in den Klassen fünf und sechs, auf präventive Angebote. Später gibt es Beratungsa­ngebote zu Suchtpräve­ntion, sozialem Lernen und vielem mehr – auch für Eltern.

Den seit Jahren stabilen Anmeldeboo­m erklärt der Schulleite­r so: „Wir sind gute Schule, und bekannt für unser gutes und qualifizie­rtes Angebot, das wir seit vielen Jahren vorhalten. Eltern haben eine Anspruchsh­altung an gymnasiale­s Arbeiten und fühlen ihre Kinder hier gut aufgehoben.“Muti sieht seine Schule als „Dienstleis­ter für Wissen“und sagt:„Wir haben einen vernünftig­en Job zu machen, auch für Bildungs- und Erziehungs­vermittlun­g, und diesen Maßstab darf man uns auch anlegen.“Nicht jeder Schüler brauche alles, aber das MSM brauche ein breites Spektrum, um ein breites Spektrum an Schülern zu bedienen.

Und, sagt der Schulleite­r: „Sollten Fischelner Schüler mit der Straßenbah­n an uns vorbeifahr­en, müssten wir unsere Arbeit hinterfrag­en.“

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RP-FOTO: THOMAS LAMMERTZ Der neue MSM-Schulleite­r Olaf Muti vor dem Bild der Namenspatr­onin: Maria Sibylla Merian war Naturforsc­herin und Künstlerin, sie lebte von 1647 bis 1717.
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FOTO: MSM Das Fischelner Gymnasium wurde 1961 gegründet, die Namensgebu­ng erfolgte 1968.

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