Rheinische Post Krefeld Kempen
Warum Arbeitnehmer im Job fehlen
Die Krankenkasse DAK schlüsselt auf, welche Erkrankungen die meisten Fehltage am Niederrhein verursachten. Auf den Spitzenplätzen: Rückenschmerzen und psychische Erkrankungen. Da gibt’s einen Zusammenhang.
Zwei Erkrankungen verursachen die meisten Fehltage bei Arbeitnehmern am Niederrhein: Psychische Erkrankungen, vor allem Depressionen, und Rückenschmerzen. Mehr als vierzig Prozent aller durch Krankheit verursachten Arbeitsausfälle am Niederrhein entfielen 2017 auf diese beiden Erkrankungsgruppen. Das belegen Zahlen, die die Krankenkasse DAK jetzt für ihre Versicherten am Niederrhein ermittelte. Auch bei den Diagno-
Psychische Erkrankungen
Muskel-Skelett-System
Atmungssystem
Verletzungen
sen liegen die „Depressive Episode“und die „Rückenschmerzen“ganz vorne. Das verwundert nicht, denn häufig besteht eine Wechselwirkung zwischen der psychischen Belastung und den Rückenschmerzen.
Weil die Rückenschmerzen schon so lange Spitzenplätze in der Krankheitsstatistik einnehmen, hat sich die DAK noch einmal speziell mit ihnen beschäftigt. „Trotz aller Bemühungen um Prävention sehen wir mehr oder weniger stagnierende Zahlen bei den Krankmeldungen“, sagt Monika Welker von der DAK Mönchen- gladbach. „Insgesamt beschäftigt das Phänomen Rückenschmerzen eher mehr als weniger Menschen.“Das zeigt auch eine Befragung der Krankenkasse bei Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen aus dem vergangenen Jahr.Von rund tausend Interviewten litten 78 Prozent in den zurückliegenden zwölf Monaten an Rückenschmerzen, 26 Prozent hatten aktuell Rückenschmerzen. Bei neun Prozent waren die Schmerzen chronisch, bei 13 Prozent stark bis unerträglich. „Viele leben aber damit und gehen trotzdem zur Ar- beit“, stellt die DAK-Vertreterin fest. Nur 18 Prozent melden sich wegen der Rückenschmerzen krank.
Arbeitnehmer tun dies umso häufiger, wenn sie keinen Spaß an der Arbeit haben, häufig an ihre Leistungsgrenze gehen oder in unbequemer Haltung arbeiten müssen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass gute Arbeitsbedingungen viel verändern können. Die Kliniken Maria Hilf in Mönchengladbach, deren Mitarbeiter vor allem in der Pflege auch körperlich sehr gefordert sind, haben sich daher einiges einfallen lassen. „Wir haben nicht nur ergonomische Möbel angeschafft, es werden auch Aufsteh- und He- behilfen eingesetzt, um die Mitarbeiter zu entlasten“, erklärt Professor Andreas Lahm, Geschäftsführer der Kliniken Maria Hilf. „Wir haben ein ganzes Präventivprogramm aufgelegt.“
Zu diesem Programm gehört beispielsweise, dass Physiotherapeuten auf die Stationen kommen, um jeweils zehnminütige Übungen anzubieten. „Es handelt sich um Übungen ohne Hilfsmittel, die sich in den Arbeitsprozess einbauen lassen und die Wirbelsäule entlasten“, erklärt Olaf Aymanns, beim Maria Hilf für das Präventivprogramm zuständig. Außerdem werden die Mitarbeiter in Kinästhetiks geschult, es gibt Sportangebote, und externe Fitness-Angebote werden vom Arbeitgeber finanziell gefördert.
Die Teilnahme an den Übungen auf den Stationen ist verpflichtend, denn Mitarbeiter in Krankenhäusern unterscheiden sich nicht von anderen Menschen – nach der anstrengenden Arbeit treibt es nicht jeden dann noch direkt zum Sport. Dennoch ist es genau das, was den Trend zu immer mehr Rückenproblemen stoppen würde. „Ärzten wird oft vorgeworfen, dass sie zu schnell operieren“, sagt Joachim Rödig, Chefarzt der Orthopädie der Maria Hilf Kliniken. „Das stimmt aber nicht.Wir setzen zuerst auf konservative Behandlung. Allerdings ist auch Eigeninitiative der Patienten erforderlich.“
Das heißt: eine Veränderung des Lebensstils mit mehr Bewegung und gesünderer Ernährung. Es gebe aber auch gar nicht so wenige Fälle, da zeige der Rücken, dass die Seele krank sei. „Es gibt Kriterien wie Arbeitslosigkeit, Trennung, Einsamkeit, die es wahrscheinlich machen, dass die Rückenschmerzen auf psychische Belastungen hinweisen“, sagt Rödig. Dann sollte man über eine ganz andere Behandlung nachdenken.