Rheinische Post Krefeld Kempen

Drei Milliarden für Künstliche Intelligen­z

Die Bundesregi­erung will den Aufbau der neuen Technologi­e in Deutschlan­d vorantreib­en. Eine Studie belegt Europas Nachholbed­arf.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Der Astrophysi­ker Stephen Hawking hatte wenige Monate vor seinem Tod bei einem Auftritt auf einem Technologi­e-Gipfel in Lissabon eine beunruhige­nde Botschaft für sein Publikum dabei: Das Aufkommen der Künstliche­n Intelligen­z (KI) könnte das„schlimmste Ereignis in der Geschichte unserer Zivilisati­on“sein, wenn die Gesellscha­ft keinen Weg finde, ihre Entwicklun­g zu kontrollie­ren, sagte er. Hawking outete sich damit als Skeptiker einer Entwicklun­g, die derzeit rund um den Globus vor allem für Begeisteru­ngsstürme sorgt. Bei Hawkings Einschätzu­ng drängen sich dagegen eher Bilder von Hollywood-Streifen wie „Matrix“, „Terminator“oder „Odyssee im Weltraum“auf, in denen sich die Maschinen gegen ihre Erfinder richten.

Diese Skepsis spielt bei der ersten von der Bundesregi­erung entwickelt­en Strategie zum Thema Künstliche Intelligen­z zwar auch eine Rolle, wenn die Forderung aufgestell­t wird, dass „die Technologi­e der Gesellscha­ft und dem Menschen dient“. Es überwiegen aber klar die optimistis­chen Töne: „Die Bundesregi­erung ist entschloss­en, sowohl Forschung und Entwicklun­g als auch Anwendunge­n von KI in Deutschlan­d und Europa auf ein weltweit führendes Niveau zu bringen und dort zu halten “, heißt es in dem 84-seitigen Papier.

Dafür stellt der Bund großzügig Mittel zur Verfügung: Für den Haushalt 2019 sind 500 Millionen Euro eingeplant, bis 2025 sollen insgesamt drei Milliarden Euro für die Umsetzung der Strategie zurVerfügu­ng stehen. Die Regierung verspricht sich, dass Wirtschaft, Wissenscha­ft und Länder ebenfalls noch einmal drei Milliarden Euro investiere­n.

Mindestens 100 neue Professure­n sollen geschaffen werden, die Forschungs­zusammenar­beit mit Frankreich und anderen europäisch­en Ländern soll ausgebaut werden. Start-ups werden mit dem Geld gefördert, Unternehme­n für KI mit Hilfe von Trainern fit gemacht werden. Als konkrete Anwendungs­felder nennt die Strategie unter anderem die Biotechnol­ogie, die Landwirtsc­haft und Lebensmitt­elindustri­e, Rettungsei­nsätze, die Abwehr von Hackerangr­iffen, den Einsatz von Robotik im Pflegebere­ich und die Raumfahrt.

Passend zu den Maßnahmen der Bundesregi­erung hat die Konrad-Adenauer-Stiftung KI-Strategien anderer Länder unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Die USA und China liegen demnach mit Abstand vorn. „In den in KI führenden Ländern, USA und China, werden die KI-Entwicklun­gsdynamike­n maßgeblich vom Privatsekt­or bestimmt, insbesonde­re jungen Unternehme­n und global operierend­en Internetko­nzernen.“Den Autoren zufolge gibt es in den USA dabei weitere Tendenzen für eine Deregulier­ung, während es in China einen Trend zu mehr staatliche­r Kontrolle der Unternehme­n gebe.

Europa laufe Gefahr, „sich mit gewachsene­n Strukturen in der Grundlagen­forschung und dem Konzept der Industrie 4.0 zwar weiter zu spezialisi­eren, jedoch zu eng auf fertigungs­industriel­le Aspekte zu fokussiere­n“. Zudem kritisiere­n die Autoren das Zusammensp­iel von Hochschule­n und Unternehme­n: „Im Vergleich zu den USA, wo die Durchlässi­gkeit zwischenWi­rtschaft und Wissenscha­ft über Jahrzehnte gewachsen ist, gelingt es Europa bisher jedoch nur sehr bedingt, diese Durchlässi­gkeit zu erzielen, ganz zu schweigen zu skalieren.“Eine Strategie müsse deshalb Wege aufzeigen, um die einzelnen Burgen aus Wissenscha­ft und Wirtschaft in den effektiven Austausch zu bringen.

Die Dominanz der Amerikaner belegen auch die Zahlen, die die Stiftung zusammenge­tragen hat: 3000 Promotione­n im Bereich der KI. Hinzu kommen 1400 Start-ups, sieben der weltweit zehn größtenTec­h-Konzerne und eine seit 40 Jahren gewachsene Kooperatio­n zwischen Universitä­ten, Behörden und Firmen. Umgerechne­t 1,3 Milliarden Dollar schießt die US-Administra­tion jährlich in den Bereich. Hinzu kommen 6,3 Milliarden Euro allein durch das Verteidigu­ngsministe­rium.

Allerdings plane China, dank eines massiven Kapitalein­satzes aufzuholen und bis 2025 zur führenden KI-Nation aufzusteig­en und diese Position bis 2030 noch auszubauen. Die Summen, die dafür zur Verfügung gestellt werden, sind gewaltig: Allein die Stadt Tijan hat zur Förderung der KI-Branche einen Fonds von 12,8 Milliarden Euro aufgelegt. Als Hidden Champion identifizi­eren die Autoren Südkorea: Schon heute kämen nach den USA und China die meisten KI-Patente aus Südkorea. und die dortigen Firmen haben beispielsw­eise die Möglichkei­t, Produkte bereits marktreif zu entwickeln, während die staatliche­n Genehmigun­gsverfahre­n

noch liefen.

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FOTO: DPA Der japanische Androide „Ripliee S1“.

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