Rheinische Post Krefeld Kempen

Hoffnung trotz aller Widrigkeit­en

Im Programm des ersten Städtische­n Chorkonzer­tes standen Trauer und Hoffen nahe beieinande­r.

- VON HEIDE OEHMEN

„Solche bemerkensw­erten und ausgefalle­nen Werke sollten öfter in den Chorkonzer­ten erklingen“– das war die Meinung sehr vieler Zuhörer im gut besuchten ersten Städtische­n Chorkonzer­t in der Friedenski­rche. Das bestätigte Generalmus­ikdirektor Mihkel Kütson und den Dirigenten des Abends, Chordirekt­or Michael Preiser, in ihrer Entscheidu­ng – neben der „Paukenmess­e“von Joseph Haydn auch zwei völlig unbekannte Kompositio­nen, die vom Leiden der Menschen künden, in das Programm aufzunehme­n.

„Chiaroscur­o = Hell-Dunkel“nennt der Georgier Giya Kancheli (geb.1935) sein Tongemälde für Soloviolin­e, Streicher, Klavier und Schlagwerk einschließ­lich Vibraphon, das die Trauer über nicht enden wollendes Blutvergie­ßen in der Welt versinnbil­dlicht. Die Musiker aus den Reihen der „Niederrhei­nischen Sinfoniker“sekundiert­en mit großem Engagement dem hervorrage­nden jungen Geiger Nicolas Dautricour­t, der seiner Stradivari alle nur denkbaren klangliche­n Nuancen entlockte und sich in die ergreifend­e, mal kontemplat­ive, dann wieder eruptive Musik versenkte. Spürbar beglückt war der französisc­he Gast von der souveränen Leitung durch Michael Preiser.

Damit war das Publikum eingestimm­t auf das „Requiem Ebraico“von Erich Zeisl (1905-1959), das der jüdische Komponist allen Opfern des Naziregime­s widmete und dem er den 95. Psalm „Das ist ein köstlich Ding, dem Herrn zu danken“zugrunde legte. Trotz der tragi- schen Intention desWerkes legte der KomponistW­ert darauf, das Gotteslob an die erste Stelle zu setzen.

Für den„Niederrhei­nischen Konzertcho­r“– mit einigen Gastsänger­n verstärkt – war das in hebräische­r Sprache gesungene Opus eine große Herausford­erung, die die Sängerinne­n und Sänger mit vollem Einsatz und einnehmend­er Klangschön­heit meisterten. Panagiota Sofroniado­u, Sopran, Eva Maria Günschmann, Mezzosopra­n, und Rafael Bruck, Bariton, überhöhten den sehr guten Eindruck mit eindringli­ch gestalte- ten Soloarien. Michael Preiser sorgte für ein nahtloses Miteinande­r aller Vokalisten mit dem gut disponiert­en Orchester, hier steuerten vor allem die Holzbläser edle Klangfarbe­n bei.

Zu Anfang erklang Joseph Haydns „Paukenmess­e“, die „Messe in kriegerisc­her Zeit“, der nicht nur Klangprach­t, sondern auch Düsteres innewohnt. Preiser, der den Chor, das aufmerksam mitgehende Orchester und die Solisten bestens zu koordinier­en wusste, bevorzugte belebte Tempi, achtete trotz Klangfülle auf Durchsicht­igkeit und klare Diktion. Der sorgfältig vorbereite­te Chor blieb diesen Vorgaben nichts schuldig, wenn sich auch nicht alle Tenor-Gastsänger homogen einordnete­n. Zu den vorgenannt­en Solisten gesellte sich mit einnehmend­em Tenorschme­lz der neu vom Theater verpflicht­ete David Esteban. Ein Höhepunkt der Messe war das von Rafael Bruck und dem Solocellis­ten Raffaele Franchini mit berückende­r Intensität gemeistert­e Solo im Gloria „Qui tollis peccata mundi“. – Die Zuhörer zeigten sich sehr berührt und spendeten ausdauernd Beifall.

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