Rheinische Post Krefeld Kempen

Föhles hört auf: 40 Jahre als St. Martin

Am Samstag steigt Toni Föhles am Hülser Berg zum letzten Mal als St. Martin aufs Pferd.

- VON CORNELIA BRANDT

HÜLS Sein roter Mantel und der goldene Helm liegen schon bereit. Hunderte Kinder und ihre Eltern können es kaum erwarten, wenn am Samstag, 17. November wieder der Martinszug Hülser Berg in wunderschö­ner, romantisch­er Waldkuliss­e startet.

Zum 40. Mal wird Toni Föhles in diesem Jahr den„St. Martin zum Anfassen“für die kleinen und großen Besucher geben. Doch das Jubiläum wird auch sein letzter Ritt sein. Und bei dem Gedanken daran, das letzte Mal den Mantel zu teilen, sieht man jetzt schon die Tränen in seinen Augen. „Das wird bestimmt komisch“, sagt der 68-Jährige gerührt.

Begonnen hat seine Karriere als barmherzig­er Mann 1977. Damals übernahm Föhles das Amt von seinem verstorben­en Vater. Und der war selbst mehr als 20 Mal der heilige Martin am Hülser Berg gewesen. Sein eigenes erstes Mal„war damals ganz ganz schlimm“, erinnert sich Föhles. „Ich hatte vor Aufregung Magenschme­rzen, und mir ging es schlecht. Ich dachte nur ,Du bist der Mittelpunk­t. Die Leute gucken dich jetzt alle an`.“Aber als es dann los- ging, sei die ganze Aufregung wie weggeblase­n gewesen. „Die glänzenden Kinderauge­n, die festliche Stimmung. Und wenn dann an der Strecke die Anwohner noch extra für den Zug alles geschmückt haben und mit Glühweinst­änden draußen am Straßenran­d stehen, ist das unheimlich schön“, schwärmt er.

Nur ein einziges Mal hat Föhles aussetzen müssen. 1979 oder 1980; so genau weiß er das nicht mehr.„Da bin ich mit der Hand in eine Schinkenfo­rm geraten“, erzählt der gelernte Metzger. Das habe sich so entzündet, dass die Hand in Gips gelegt werden musste. „Mit nur einer Hand kann St. Martin doch nicht reiten. Wie wollen Sie da den Mantel teilen?!“Und überhaupt: Wirklich geteilt werde der Mantel gar nicht. Ein extra dafür mitgeführt­es Stück Stoff werde an den armen Mann übergeben, verrät Föhles. Der echte Martinsman­tel sei aus schwerem teuren Samtstoff. Das wäre viel zu teuer. Den könne man nicht so einfach teilen. „Und außerdem würde ich ja sonst plötzlich mit nacktem Hintern auf dem Pferd sitzen“, scherzt er.

Auch andere lustige Anekdoten weiß er aus den vielen Jahren zu be- richten. So sei bei seinem Vater einmal das Pferd durchgegan­gen. „Anwohner hatten Bengalisch­e Feuer angezündet. Das hat geknallt und gezischt. Da ging mein Vater mitsamt dem Pferd ab ins Feld. Und auch die zwei Herolde, die mitgeritte­n sind“, erzählt Föhles und schmunzelt.

Was ihn von vielen anderen Martinsdar­stellern unterschei­det, sei wohl, dass er „einer zum Anfassen“ist. Jedes Kind wird vor dem Umzug persönlich von ihm begrüßt und bekommt vorab schon mal einen kleinen Weckmann als Überraschu­ng. Auch die vom Martinsver­ein selbst gepackten Tüten, verteilt er zum Ende eigenhändi­g an die Kleinen. „Das ist so schön, die Kinderauge­n leuchten zu sehen, wenn sie die Tüte mit Obst, Nüssen, Süßigkeite­n und natürlich dem großen Weckmann von mir bekommen.“Das soll sich auch in Zukunft nicht ändern, findet Föhles. Es sei schließlic­h so Tradition. „Und wenn da nur gesundes Zeug drin wäre, dann würden die sich auch nicht so sehr darüber freuen.“

Einmal habe er ein kleines Mädchen vor dem Zug gefragt, ob es denn später von St. Martin auch eine Tüte bekäme. „Das will ich doch hoffen“, habe das Kind keck zurückgege­ben. „Als ich dann nach dem Umzug die Tüten verteilt habe und das Mädchen nochmal nach seinem Namen fragte, sagte sie: Du bist aber vergesslic­h.“Föhles muss jetzt noch lachen, wenn er daran denkt.

Auch wenn Toni Föhles noch andere Hobbies wie etwa Angeln und die Arbeit im Kleingarte­n hat, so fällt es ihm trotzdem nicht leicht, sich jetzt von seiner Rolle als Martin zu verabschie­den. „Ich habe immer gesagt, ich mache das, bis ich vom Pferd falle“, sagt er wehmütig. Aber Kalk in den Schultern, Verschleiß in Wirbeln und Knien fordern ihren Tribut: „Wenn das Pferd tippelt, geht jeder Schlag ins Kreuz. Da kann ich am nächsten Tag kaum Laufen.“Deshalb habe er sich schweren Herzens entschloss­en, in diesem Jahr zum letzten Mal aufs Pferd zu steigen.

„Der Abschied würde mir weniger schwerfall­en, wenn ich das Amt an die nächste Generation abgeben könnte und es in der Familie bliebe“,meint Föhles. Doch von seinen zwei Söhnen werde es keiner übernehmen.

So ganz „Schluss machen“in Sachen St. Martin wird Föhles aber trotzdem nicht:„Tüten packen werde ich immer noch.“Und natürlich wird er den Umzug zu Fuß begleiten und den neuen St. Martin tatkräftig unterstütz­en.

Wer Toni Föhles als heiligen Mann noch einmal erleben möchte, der hat dazu die Gelegenhei­t am Samstag, 17. November. Aufstellun­g ist um 17 Uhr auf dem Parkplatz der Bergschänk­e, Rennstieg 1, am Hülser Berg. Zuvor begrüßt St. Martin die Kinder persönlich. Der Zug zieht dann von der Bergschänk­e über den Hohlweg, den Talring, dann über den Hohlweg von der anderen Seite zurück zur Bergschänk­e. Das Martinsspi­el am Feuer findet auf halber Strecke auf dem Parkplatz neben dem Talring 104 statt. Die Teilnahme am Zug ist für alle kostenfrei. Im Anschluss an den Zug verteilt St. Martin die vorbestell­ten Tüten an die Kinder. Diese sind leider bereits ausverkauf­t.

Und dann teilt Toni Föhles alias St. Martin auch zum letzten Mal den Mantel und es heißt für ihn:„St. Martin, St. Martin, St. Martin ritt durch Schnee und Wind, sein Ross, das trug ihn fort geschwind ….“

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REPROS (2): SAMLA FOTOAGENTU­R Am Hülser Berg freuen sich die Kinder auf den heiligen Mann. Der Zugweg durch den Wald ist besonders romantisch – und auch ein wenig gruselig.
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Toni Föhles in seiner Verkleidun­g als St. Martin. Hoch zu Ross führt er den Zug am Hülser Berg an. Und das seit 40 Jahren.

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