Rheinische Post Krefeld Kempen

Kurt Mevissens letzter Ritt

Der Oedter Martinsdar­steller steigt nach 46 Jahren aus dem Sattel. Der 70-Jährige macht Platz für seinen Nachfolger Niklas Gosse (29). Am kommenden Samstag reitet Kurt Mevissen zum letzten Mal beim Martinszug.

- VON BIANCA TREFFER

Ein komisches Gefühl wird es für Kurt Mevissen schon sein, wenn er am kommenden Samstag, 17. November, in das Kettenhemd schlüpft, den roten Mantel umlegt, sich den Römerhelm auf den Kopf setzt und zum Schwert greift. Seit 1973 ist er der St. Martin in Oedt. Nun steigt er zum 46. Mal in den Sattel. „Wobei das ganz genau genommen nicht stimmt. Einmal bin ich nämlich nicht geritten. Da hatte ich Pech und bin am 1. November in der Reithalle vom Pferd gestürzt und habe mir das Schlüsselb­ein gebrochen. Zu St. Martin lag ich im Krankenhau­s“, erinnert er sich und fügt an, das hätte ein merkwürdig­es Empfinden ausgelöst, zu wissen, der Martinszug ziehe und er sei nicht als St. Martin dabei.

Eingesprun­gen ist seinerzeit der damalige Zweite Vorsitzend­e vom Reitverein Vorst. Mit dem Reitverein hat für Mevissen auch die Martins-Karriere begonnen. Als gebürtiger Oedter mit Pferden aufgewachs­en, verschlug es ihn nach seiner Hochzeit nach Vorst. Dort trat er in den örtlichen Reitverein ein. Der Oedter Martinsver­ein leiht sich immer die Pferde ausVorst. August Panzer, der bis einschließ­lich 1972 immer als St. Martin im Einsatz war, kannte Mevissen von Kindesbein­en an und fragte ihn, ob er nicht sein Nachfolger als Martinsdar­steller werden wollte. Viel zu überlegen gab es nicht. Mevissen sagte spon- tan ja und ritt 1973 zum ersten Mal auf seinem eigenen Pferd „Moorfried“beim Oedter Zug mit.

Und weil viele Kameraden aus dem Vorster Reitverein ihn gerne beim Martinszug begleiten wollten, stockte Mevissen die Zahl der Herolde von zwei auf vier auf. Eine Zahl, die bis heute gültig ist. Für den Schornstei­nfegermeis­ter war es keine Frage, als St. Martin immer wieder in den Sattel zu steigen, zumal er auch in seiner Freizeit ritt. Selbst als er vor 15 Jahren die aktive Reiterei beendete, ging es weiter. Statt des eigenen Pferdes kamen die Tiere für den Martinsrit­t aus Krefeld.

„Ich habe immer gesagt, wenn ich mit einem Tritt aufs Pferd steigen muss, höre ich auf“, sagt Mevissen schmunzeln­d. Das ist zwar jetzt noch nicht der Fall, aber dennoch zieht der heute in Grefrath lebende Martinsdar­steller jetzt einen Schlussstr­ich. Er sei in diesem Jahr 70 Jahre alt geworden, und das sei ein Alter, indem er nun wirklich aufhören wolle, meint er. Eigentlich wollte er schon vor fünf Jahren aufhören, aber „die anderen haben mich immer wieder überredet weiterzuma­chen“, erzählt der Grefrather.

Der 70-Jährige hat Generation­en von Kindern als St. Martin begleitet. Kinder, die er einst vor sich im Sattel sitzen hatte, haben nun selber Kinder und fragen nach dem Martinszug, ob ihr Nachwuchs einmal zum Heiligen Mann aufs Pferd dürfe. Erinnerung­en gibt es reichlich. So regnete es bei einem Martinsfes­t dermaßen stark, dass der gebürtige Oedter Wasser in den Reitstiefe­l stehen hatte.

Ritt Mevissen in den ersten Jahren noch in einem Bischofsko­stüm mit Mitra, so änderte sich das mit dem Nachfolgek­ostüm, das heute noch verwendet wird und übers Jahr mit den Ausrüstung­en für die Herolde und den armen Mann in der Grundschul­e hängt.

Geändert hat sich im Laufe der Jahre die Zugstrecke. Waren es früher rund fünf Kilometer, so ist die Strecke nun kürzer und wechselt alle drei Jahre. Einmal geht es in den Norden, dann bleibt man innerörtli­ch, und danach geht es in den Süden von Oedt. Die Mantelteil­ung mit Martinsfeu­er und Feuerwerk, das die Oedter Geschäftsl­eute finanziere­n, findet indes immer vor der Burg Uda statt.

Ein Nachfolger für Mevissen steht schon in den Startlöche­rn. Ab dem kommenden Jahr schlüpft Niklas Gosse in die Rolle des St. Martin. Der 29-Jährige gehört dem Team bereits seit 13 Jahren als Herold an. „Als ich gefragt wurde, ob ich das Amt des Martinsdar­stellers übernehmen wollte, musste ich nicht lange überlegen“, sagt Gosse, der sich auf seine neue Aufgabe freut.

 ?? FOTO: NORBERT PRÜMEN ?? Zum letzten Mal reitet Kurt Mevissen dieses Jahr als St. Martin durch die Oedter Straßen. Ab 2019 übernimmt diese Aufgabe Niclas Gosse, der bisher viele Jahre als Herold unterwegs war.
FOTO: NORBERT PRÜMEN Zum letzten Mal reitet Kurt Mevissen dieses Jahr als St. Martin durch die Oedter Straßen. Ab 2019 übernimmt diese Aufgabe Niclas Gosse, der bisher viele Jahre als Herold unterwegs war.

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