Rheinische Post Krefeld Kempen

„Tierhaltun­g muss klimafreun­dlicher sein“

Die Agrarminis­terin über den Beitrag der Landwirtsc­haft zum Klimaschut­z und Alleingäng­e bei Glyphosat.

- JAN DREBES FÜHRTE DAS INTERVIEW.

BERLIN Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner (CDU) empfängt zum Gespräch in ihrem Dienstzimm­er in Berlin-Mitte. Gerade ist die Klausurtag­ung des Kabinetts zu Ende gegangen. Was sie in dieser Legislatur­periode mehr beschäftig­t als ihre Amtsvorgän­ger: Der Klimaschut­z.

Frau Klöckner, bis Jahresende müssen Sie der Umweltmini­sterin sagen, wie viel CO2 Sie bis 2030 einsparen werden. Was schwebt Ihnen vor?

KLÖCKNER Wir müssen das nicht, wir haben’s schon längst als Bundesland­wirtschaft­sministeri­um definiert. Mein Ministeriu­m hat einen Zehn-Punkte-Plan entwickelt, den wir umsetzen werden. Damit erreichen wir unser Einsparzie­l für die Branche von bis zu 14 Millionen Tonnen bis 2030. Übrigens auch ohne eine CO2-Steuer, die die Umweltmini­sterin vorgeschla­gen hatte und jetzt wohl auch nicht mehr weiterverf­olgt. Diese Steuer ist unnötig.

Welche Punkte aus dem Plan sind Ihnen besonders wichtig?

KLÖCKNER Kein anderes Ressort hat solch einen Lösungssch­lüssel wie meines: den Wald. Bereits jetzt leisten der Wald und dessen Bewirtscha­ftung einen wichtigen Beitrag zum Klimaschut­z. Denn wenn es den Wald nicht gäbe, hätten wir mit 14 Prozent mehr CO2-Ausstoß in Deutschlan­d zu kämpfen. Einfach gesagt: Die Verwendung von Holz aus nachhaltig­er Waldbewirt­schaftung ist aktiver Klimaschut­z. Bauholz oder Möbel speichern noch jahrzehnte­lang CO2.

Was bedeutet das für Ihr Konzept?

KLÖCKNER Ganz klar: Wir werden mehr für die Gesundheit der Böden undWälder tun.Wir müssen den gewaltigen Kohlenstof­fspeicher Boden erhalten, gerade auch im Sinne der Klimaanpas­sung. Zum Glück ist der Wald von Natur aus widerstand­sfähig – dennoch müssen wir ihn gegen Dürre und Borkenkäfe­rbefall stärken, damit er gewappnet ist für Klimaverän­derungen.

Wie genau wollen Sie das schaffen?

KLÖCKNER Durch viele einzelne Aktivitäte­n meines Ministeriu­ms – vor allem bei der Klimawirks­amkeit. So fördern wir zum Beispiel mit dem Waldklimaf­onds gemeinsam mit dem Bundesumwe­ltminister­ium gezielt Maßnahmen, um Holz und Wald als CO2 Speicher weiter si- cherzustel­len und sogar auszubauen. Mehr noch: Mit der Charta für Holz 2.0 stärken wir die Holzverwen­dung aus nachhaltig­er Forstwirts­chaft. Wir werden die rechtliche­n Hinderniss­e beim Einsatz von nachwachse­nden Rohstoffen beim Bauen abbauen. Wir wollen, dass die Materialei­genschafte­n von Holz verbessert werden.Wir wollen, dass die stoffliche Verwendung von Laubholz optimiert wird. Wir wollen, dass dieVerwend­ung von Laubholz als Ersatz von Baumateria­lien, die bei ihrer Herstellun­g das Klima belasten, gestärkt wird.

Ein anderes Problem für das Klima ist der hohe Methanauss­toß durch Gülle.

KLÖCKNER Das stimmt. Wir wollen daher Gülle künftig noch stärker in Biogasanla­gen einbringen, die daraus Strom und Wirtschaft­sdünger gewinnen können. So lässt sich ein klimaschäd­liches Abfallprod­ukt gleich in doppelter Weise nutzen. Heute liegt der Anteil bei 30 Prozent, wir wollen das mit Förderunge­n und Umrüstunge­n auf bis zu 70 Prozent steigern. Darin liegen ungeheure Chancen zur Verbesseru­ng des Klimas.

Welche Rolle spielt die Massentier­haltung?

KLÖCKNER Der Fleisch- und Wurstverze­hr pro Kopf ist bei uns in Deutschlan­d zurückgega­ngen, auf durchschni­ttlich unter 60 Kilo- gramm in 2017. Aber es gehört eben auch zur banalenWah­rheit, dass für das, was wir essen, Tiere gehalten werden müssen. Wichtig ist, wie sie gehalten werden, und das muss zum Beispiel in Teilen noch klimafreun­dlicher werden.

Warum dauert die Ressortabs­timmung beim Glyphosat-Ausstieg so lange?

KLÖCKNER Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Mein Vorschlag liegt seit April auf dem Tisch. Und mein Eindruck ist, dass das Thema gerne für emotionale Debatten und Alleingäng­e herangezog­en und genutzt wird. Dabei sind Kollegin Schulze und ich uns einig, was das Ziel angeht: Eine möglichst rasche Reduzierun­g und Überflüssi­gmachen der Nutzung von Glyphosat. Meine im Frühjahr vorgelegte Reduktions­strategie sieht unter anderem vor, die private Nutzung zu untersagen, auch die Anwendung an Spielplätz­en, in Naturschut­zgebieten und in der Nähe von Gewässern. Aber ein Komplettve­rbot vor Ablauf der von der EU zugebillig­ten fünf Jahre ist nicht rechtskonf­orm, das wissen alle Beteiligte­n.

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FOTO: IMAGO Julia Klöckner bei einer Pressekonf­erenz im Ministeriu­m.

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