Rheinische Post Krefeld Kempen

Mahnmal für Fiona eingeweiht

Vor elf Monaten starb die kleine Fiona bei einem schrecklic­hen Unfall mit einem Lkw – gestern wurde das Mahnmal zum Gedenken an das Schicksal der Elfjährige­n eingeweiht. Es erinnert zugleich an alle Opfer von Verkehrsun­fällen.

- VON JENS VOSS

Es gab bewegende Momente bei dieser Einweihung­sfeier, wie überhaupt der Tag ein bewegender war: Gestern war Weltgedenk­tag der Unfallopfe­r im Straßenver­kehr, und passend zu diesem Tag (den die UNO 1995 ausgerufen hat) ist mit einer Feier das Mahnmal zum Gedenken an die kleine Fiona eingeweiht worden, die vor rund elf Monaten an der Ecke Gladbacher Straße / Seyfardtst­raße von einem Lkw erfasst und tödlich verletzt worden war. Das Mädchen war im toten Winkel des Lkw, als der Wagen sie überfuhr. Der Unfall hatte für Entsetzen und Trauer gesorgt, die auch gestern zu spüren waren, als zu Beginn eine Schweigemi­nute zum Gedenken an Fiona eingelegt wurde. Oder als Gisela Brendle-Vierke (SPD-Bezirksvor­steherin Süd) berichtete, ihre Schwester sei vor 20 Jahren im toten Winkel von einem Lkw erfasst worden. Die Schwester überlebte schwerbehi­ndert. „Seitdem ist nichts passiert“, sagte Brendle-Vierke bitter und meinte die immer noch fehlende gesetzlich­e Verpflicht­ung, Lkw mit Abbiege-Assistenz auszurüste­n.

Auch Fiona war von einem Lkw beim Rechtsabbi­egen erfasst worden. Ihr Schicksal hatte die Menchen so bewegt, dass am Unfallort rasch eine Gedenkstät­te mit Kerzen, Plüschtier­en und Trauerbeku­ndungen entstand. Doch der Ort war „ein Ort der Gleichgült­igkeit und der Verwahrlos­ung“, wie es gestern der Künstler Frank Saternus in seiner Ansprach vor rund 60 Gästen ausdrückte: Graffiti, Vermüllung, Hundekot – die Straßeneck­e, an der des Mädchens gedacht wurde, war unwürdig. Saternus hat daraufhin mit Jugendlich­en der Gruppe „Lebensnah“den Plan entwickelt, den Bereich neu zu gestalten und ein Mahnmal einzuricht­en (wir berichtete­n).

So wurde ein Projekt geboren, das ebenso eine eindringli­che Mahnung fürVerkehr­steilnehme­r ist wie ein geglücktes Stadtteilp­rojekt. Saternus ging das Projekt als Referent des Sozialwerk­s Krefelder Christen an und wurde bald von der Polizei, dem ADFC, der Bezirkspol­itik, vom Helios Klinikum und dem Verein„Schenke Leben“mit Geld sowie von Handwerker­n mit Sachleistu­ngen unterstütz­t. Auch die Stadt half im Rahmen der Jugendhilf­e-Initiative „Jugend stärken im Quartier“.

Die Jugendlich­en, die Saternus gewinnen konnte, haben ein schweres Päckchen zu tragen und kommen aus „schwierigs­ten Verhältnis­sen“(Saternus). Es sei schwer, Zugang zu ihnen zu finden und Vertrauen aufzubauen. Umso erfreuter zeigte er sich und andere Redner, was die jungen Leute auf die Beine gestellt haben. Die Jugendlich­en, berichtete Saternus, hätten„einen Monat Vollgas gearbeitet“. Entstanden sei ein „würdig-eindrucksv­oller Ort des Gedenkens und zum Innehalten“, sagte Berthold Santjer für das Sozialwerk Krefelder Christen.

Brendle-Vierke würdigte auch den Effekt, dass damit ein „bedrückend­er Fleck, der wirklich nicht schön war“, verschwund­en sei. Erfreut über den Erfolg zeigte sich in seinem Grußwort auch Ernst Albrecht als Vorsitzend­er des Bürgervere­ins Lehmheide. Er erinnerte an einen anderen Aspekt des schrecklic­hen Unfalls: an den Lkw-Fahrer, der nun damit leben muss, dass durch ihn ein Kind zu Tode gekommen ist.

Wie sehr der Unfall die Menschen aufgewühlt hat, zeigte auch das Grußwort von Polizeihau­ptkommissa­r Rainer Behrens, der mit seinem Kollegen Helmut Bott für die Verkehrsun­fallpräven­tion der Polizei gekommen war. Behrens erinnerte an all die, die den Unfall aus der Nähe erleben mussten: Ersthelfer, Zeugen, Polizisten, die den Unfall aufnehmen und die Eltern informiere­n mussten, dass ihr Kind gestorben war – sie alle hat Fionas Schicksal erschütter­t. Für die Polizei ist der Ort des Gedenkens auch die Gelegenhei­t, ihre Whitebike-Aktion wieder aufleben zu lassen, die seit 2013 für zwei, drei Jahre im Stadtbild präsent war: Weiße Fahrräder mahnten am Straßenran­d zu Vorsicht und Rücksicht im Straßenver­kehr. Die Jugendlich­en hatten dann auch einWhitebi­ke hergericht­et und mit Blumen verziert. Das Rad wurde auf einem kleinen Stahlsocke­l montiert.

Dass damit auch die Jugendlich­e positive Erfahrunge­n mit sich und anderen Menschen gemacht haben, zeigte ein Grußwort von einem der Jugendlich­en. Darius Yilmaz (18) sagte: „Ich bin froh, dass es die Gruppe gibt; es müsste mehr davon geben. Es wird einem geholfen, man hält zusammen.“

Am Ende haben er und seine Mitstreite­r dazu beigetrage­n, aus einem „Ort der Gleichgült­igkeit“einen Ort des Mitgefühls und der Menschlich­keit zu machen.

 ?? RP-FOTOS (2): MARK MOCNIK ?? Blick auf die Einweihung­sfeier an der Gladbacher Straße / Ecke Seyffardts­traße: Markant ist das Bild des Balkens auf der Hauswand; auch zur Gladbacher Straße hin ist ein Balken zu sehen; beide laufen in spitzem Winkel aufeinande­r zu – Symbol für den toten Winkel, der für Radfahrer so gefährlich ist.
RP-FOTOS (2): MARK MOCNIK Blick auf die Einweihung­sfeier an der Gladbacher Straße / Ecke Seyffardts­traße: Markant ist das Bild des Balkens auf der Hauswand; auch zur Gladbacher Straße hin ist ein Balken zu sehen; beide laufen in spitzem Winkel aufeinande­r zu – Symbol für den toten Winkel, der für Radfahrer so gefährlich ist.
 ??  ?? Das „Whitebike“mahnt zu Vor- und Rücksicht im Verkehr – auf dem Foto der Künstler Frank Saternus (l.) und Andreas Domanski (r., ADFC); vorn Patrick Köcher, einer der Jugendlich­en, die Mahnmal und Fahrrad hergericht­et haben.
Das „Whitebike“mahnt zu Vor- und Rücksicht im Verkehr – auf dem Foto der Künstler Frank Saternus (l.) und Andreas Domanski (r., ADFC); vorn Patrick Köcher, einer der Jugendlich­en, die Mahnmal und Fahrrad hergericht­et haben.

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