Rheinische Post Krefeld Kempen
Mit Enkeltrick 60.000 Euro erbeutet
287 Vermögens- und Fälschungsdelikte an Krefelder Senioren gab es bereits in diesem Jahr. Der Schaden: 231.000 Euro.
Professionelle Banden von Trickbetrügern sind derzeit in Krefeld am Telefon aktiv. Es geht um den „Enkeltrick“oder „falsche Polizisten“. Die Täter haben es mit ihrer Masche vor allem auf Senioren abgesehen. Im gesamten Stadtgebiet versuchen Anrufer, telefonisch Daten auszuspähen und Geld zu ergaunern. „Mehrfach gaben sich die unbekannten Anrufer als Polizisten aus und fragten nach Vermögensverhältnissen. In weiteren Fällen meldeten sich bei den Senioren Anrufer, die behaupteten, in verschiedenen Verwandtschaftsverhältnissen zu den potenziellen Opfern zu stehen. Sie baten um finanzielle Unterstützung, da sie in eine Notlage geraten seien“, sagt Heinz Siemes, Chef des Betrugsdezernats der Polizei. 287 Vermögens- und Fälschungsdelikte „zum Nachteil von Menschen über 60 Jahren“hat die Krefelder Polizei allein in diesem Jahr bereits aufgenommen. Die Schadenssumme: 231.000 Euro. „In einem Fall wurde das Opfer durch einen Enkeltrick um 60.000 Euro betrogen“, so Siemes.
„Die Menschen werden immer älter und vereinsamen immer mehr.
Sie sind dadurch auch immer einfacher zu manipulieren“, sagt der 59-jährige Experte der Kripo. Umso wichtiger sei es, Gefahrenbewusstsein zu schaffen, weil gerade Ältere und Einsame leichtgläubig seien. „Egal, ob sich Menschen als Polizisten, als Mitarbeiter einer Versicherung oder der Staatsanwaltschaft ausgeben, lassen Sie sich auf keine Telefongespräche mit Unbekannten ein.“
Ganz wichtig im elektronischen Zeitalter sei zudem, weder auf Internetangebote oder -drohungen noch auf Telefonanrufe zu reagieren, wenn Unbekannte sich melden. Und Kriminalhauptkommissarin Karin Kretzer, Sprecherin der Krefelder Polizei, ergänzt: „Klicken Sie die Mails weg und legen Sie den Telefonhörer auf. Unter keinen Umständen sollte am Telefon über Geld gesprochen werden.“
Der Beamte weiß: Es ist ein Verbrechen, bei dem die Dunkelziffer hoch ist, weil die Opfer oft gar nicht zur Polizei gehen. Sie schämen sich, dass sie auf so einen blöden Trick hereingefallen sind, einem wildfremden Menschen am Telefon geglaubt haben, dass er ihr Neffe oder ihr Enkel ist und ihm mehrere zehntausend Euro gegeben haben. Und obwohl der Enkeltrick auf den ersten Blick so leicht zu durchschauen ist, steigt der Sachschaden in Krefeld stetig. 29.000 Euro waren es 2016, ein Jahr später betrug die Summe bereits 57.000 Euro.
Die Täter gehen immer nach einer ähnlichen Methode vor: Sie suchen in Telefonbüchern gezielt nach früher beliebtenVornamen wie Gertrud, Karl, Heinrich oder Hildegard und hoffen, telefonisch an Senioren zu gelangen, die sie leicht überrumpeln können. Dann täuschen sie einen plötzlichen Notfall vor und bitten die Opfer, ihren lieben Verwandten mit Geld aus der Patsche zu helfen.
Die Chefs im Hintergrund rufen meist aus Osteuropa an, in Krefeld übernehmen es dann sogenannte „Läufer“, das Geld von den Opfern abzuholen. „Es ist schwierig, an die Hintermänner zu gelangen. Sie sitzen meist im Ausland, stehen aber in ständigem Kontakt mit den ,Geldabholern’ und den ,Logistikern’, die sich in der Nähe ihrer Opfer aufhalten und diese auf dem Weg von der Wohnung zur Bank verfolgen und beobachten“, sagt Siemes.
Neben dem Enkeltrick machen in Krefeld derzeit auch zahlreiche Anrufe von falschen Polizisten die Runde. Mit immer derselben Masche: Die Anrufer geben sich am Telefon als Polizisten aus und machen alten Leuten Angst. Einbrecher seien unterwegs, und das Geld oder der Schmuck der Angerufenen sei in Gefahr. Manchmal wird behauptet, ein Mitglied der Bande sei mit einem Adresszettel erwischt worden. Siemes: „Es gibt Opfer, die ihr gesamtes Hab und Gut übergeben.“
Es geht dabei bis zum blanken Psychoterror, den die Täter am Telefon ausüben. Über Tage gibt es immer neue Anrufe, immer verbunden mit einem Schweigegebot, weil es sich angeblich um eine „geheime Operation“handele. Teils werden die Senioren über Stunden am Telefon gehalten, eingeschüchtert, und es wird an ihre Hilfsbereitschaft appelliert. „Die Betrüger arbeiten mit enorm viel Druck“, so Siemes.
„Unter keinen Umständen sollte am Telefon über Geld gesprochen werden“Karin Kretzer Sprecherin der Polizei
Krefeld