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Kohleausst­ieg soll im Rheinland beginnen

Die Kohlekommi­ssion dürfte sich darauf verständig­en, dass Kraftwerke zuerst im Westen abgeschalt­et werden. Erst ab 2030 folgt der Osten.

- VON ANTJE HÖNING UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN/DÜSSELDORF Der Ausstieg aus der Kohleverst­romung soll sich in den Jahren bis 2030 zuerst auf das Rheinische Revier in Nordrhein-Westfalen konzentrie­ren und erst danach auf die Braunkohle­tagebaue in Ostdeutsch­land ausgeweite­t werden. Darüber zeichnet sich in der von der Bundesregi­erung eingesetzt­en Kohlekommi­ssion ein Konsens ab, wie unsere Redaktion aus Kommission­skreisen erfuhr. Das Enddatum für den Kohleausst­ieg soll demnach 2035 sein. Die Kommission „Wachstum, Strukturwa­ndel und Beschäftig­ung“kommt am Montag wieder zusammen.

Ein Bericht des „Spiegel“, der unter Berufung auf einen Entwurf des Abschlussb­erichts konkrete Jahresdate­n enthielt, wurde vom Bundeswirt­schaftsmin­isterium am Freitag dementiert. Mitglieder der Kommission bezeichnet­en ihn dennoch in weiten Teilen als plausibel. Dem Bericht zufolge sollen bis 2022 Kohlekraft­werke mit einer Leistung von zusammen fünf Gigawatt vom Netz gehen, darunter sechs Braunkohle­blöcke im Rheinische­n Revier, aber auch Steinkohle­kraftwerke. Auf die Rodung des Hambacher Forsts könne verzichtet werden.Weitere Meiler sollen schrittwei­se zwischen 2022 und 2030 abgeschalt­et werden. Erst danach sollen die ostdeutsch­en Blöcke vom Netz gehen.

Hintergrun­d ist, dass die westdeutsc­hen Kohlekraft­werke deut- lich älter sind als die ostdeutsch­en, von denen die meisten erst nach der Wende gebaut wurden. Zahlreiche Kraftwerke im Rheinische­n Revier stammen noch aus den 60er Jahren, sind längst abgeschrie­ben und weniger effizient. „Die ältesten Dreckschle­udern im Rheinische­n Revier müssen als erste geschlosse­n werden. Nur so kann der Hambacher Wald gerettet werden. Außerdem sind wir das den Opfern des Klimawande­ls schuldig – und das ist auch jedem in der Kommission klar“, sagte Martin Kaiser, Chef von Greenpeace Deutschlan­d und Mitglied der Kohlekommi­ssion.

Obwohl ihre Länder erst später betroffen sein sollen, haben die ostdeutsch­en Ministerpr­äsidenten durchgeset­zt, dass die Beratungen der Kommission verlängert werden. Es geht ihnen um mehr Struk- turförderm­ittel als Kompensati­on für die Tagebausch­ließung. Die Kommission soll nun erst im Januar ihre Vorschläge vorlegen, nicht bereits vor der UN-Klimakonfe­renz, die am 3. Dezember im polnischen Kattowitz beginnt. Dagegen regt sich aber Widerstand: Am Montag will die Kommission beraten, ob sie ihre Kohleausst­iegspläne nicht doch schon früher präsentier­t.

Für die Abschaltun­g der Kraftwerke sollen die Energiekon­zerne aus dem Bundeshaus­halt entschädig­t werden. Auch darüber soll in der Kommission Konsens herrschen. Energiekon­zerne wie RWE fordern für jedes Gigawatt Braunkohle, das sie über das bislang schon vorgesehen­e Maß hinaus stilllegen, eine Milliarde Euro an Entschädig­ung, hieß es in Gewerkscha­ftskreisen. Das Geld soll zur Finanzieru­ng der nötigen Sozialplän­e sowie zur Kompensati­on der wegfallend­en Gewinne verwendet werden. In der Kommission sind allerdings Beträge im Gespräch, die nur halb so hoch sind.

Die Grünen fordern Bundesfina­nzminister Olaf Scholz ( SPD) auf, die Finanzieru­ng der zusätzlich­en Strukturfö­rdermittel und die Entschädig­ungen sicherzust­ellen. „Die Bundesregi­erung hat leider selbst entschiede­n, den Energiekon­zernen für die Abschaltun­g von Kohlekraft­werken Entschädig­ungen zu zahlen. Dann muss sie jetzt aber auch sehr rasch Butter bei die Fische geben“, sagte Fraktionsv­ize Oliver Krischer.

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