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Millionen für Schutz von Weihnachts­märkten

Die Sicherung der Weihnachts­märkte vor Anschlägen kostet viel Geld. Die Kosten variieren jedoch von Stadt zu Stadt erheblich.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF An den Zufahrtsst­raßen zum Bochumer Weihnachts­markt stehen sogenannte Mifram-Sperren, die auch die israelisch­e Armee einsetzt. Die Metall-Barrieren können selbst schwerste Lastwagen stoppen. Ein Sicherheit­sdienst bewacht die Sperren während der Öffnungsze­iten von elf bis 23 Uhr. Zwölf Security-Kräfte sind allein dafür abgestellt.„Dazu müssen wir uns um die gesamte Logistik kümmern: Aufstellen und Befüllen von Wassertank­s, zusätzlich­es Sicherheit­spersonal und vieles mehr“, sagt Christian Gerlig, Leiter der Kommunikat­ion der Bochum Marketing GmbH, die den Weihnachts­markt veranstalt­et. „Wir haben mehr als 100.000 Euro Kosten für Sicherheit­smaßnahmen, Personal- und Sachkosten. Das ist mittlerwei­le doppelt so viel wie 2015, also vor dem Anschlag in Berlin 2016“, sagt Gerling.

Seit dem Terroransc­hlag auf dem Berliner Weihnachts­markt vor zwei Jahren werden dieWeihnac­htsmärkte immer besser gesichert. Zufahrtsst­raßen werden zum Beispiel mit mobilen und festen Sperren vor Anschlägen mit Lastwagen geschützt. Bezahlen müssen das die Städte und Veranstalt­er. Damit muss Schluss sein, fordert der Deutsche Städtetag. „Bund und Länder sind für die Terrorbekä­mpfung zuständig. Deshalb müssen sie auch die Kosten für entspreche­nde zusätzlich­e Sicherungs­maßnahmen übernehmen“, sagte Helmut Dedy, Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Städtetage­s, unserer Redaktion. „Welche Mittel zu mehr Sicherheit beitragen, muss vor Ort zwischen der Polizei und den Städten abgestimmt werden“, so Dedy. „Wir dürfen uns aber nicht verbarrika­dieren und müssen auch dafür sorgen, dass die Innenstädt­e für die Menschen lebenswert bleiben“, betonte Dedy.

Die Kosten und Ausgaben für die Sicherheit­smaßnahmen variieren von Stadt zu Stadt zum Teil erheblich, wie eine Umfrage unserer Redaktion ergaben hat. Während manche kaum etwas ausgeben, investiere­n andere sechsstell­ige Summen. In Duisburg sollte der Weihnachts­markt in diesem Jahr eigentlich schon mit feststehen­den und versenkbar­en Pollern geschützt werden. Kosten: Rund 2,1 Millionen Euro. Doch die Bauarbeite­n verzögern sich. „Deshalb setzten wir auf mobile Sperren für rund 200.000 Euro“, sagte ein Stadtsprec­her. In Aachen betragen die Kosten für die bislang an drei Stellen in der histo- rischen Altstadt eingebaute­n Poller rund 450.000 Euro. Wie in Duisburg handelt es sich um eine dauerhafte Lösung, mit der auch andereVera­nstaltunge­n gesichert werden. In Leverkusen wird die Fußgängerz­one, wo der Weihnachts­markt aufgebaut ist, mit schweren Findlingen gesichert. „Die Anschaffun­gs- und Installati­onskosten betrugen rund 4800 Euro“, sagte eine Stadtsprec­herin. In Essen kosten die Betonsperr­en rund 160.000 Euro. Münster beziffert die Kosten auf 77.000 Euro. In Moers und Krefeld gibt man ebenfalls eine fünfstelli­ge Summe aus.

„Wir sichern den Weihnachts­markt mit 2,5 Tonnen schweren Be- tonblöcken in den Zufahrtstr­aßen“, sagte Michael Birr, Geschäftsf­ührer Moers Marketing. In Mettmann liegen die Kosten für Sicherungs­maßnahmen des Weihnachts­marktes durch den städtische­n Baubetrieb­shof dagegen bei lediglich 550 Euro. In Kleve sind offenbar keine zusätzlich­en Maßnahmen notwendig. „Der Weihnachts­markt liegt abseits der Straßen in einer Parkanlage. Der Zugang ist nur über Parkwege möglich“, erklärte ein Stadtsprec­her. Ähnlich sieht es in Remscheid aus. Der zentrale Weihnachts­markt vor dem Rathaus ist allseitig von Gebäuden umgeben und hat nur eine Zufahrt. „Diese wird durch ein gro- ßes Fahrzeug gesichert. Der Stadt Remscheid entstehen dadurch keine Kosten“, sagte eine Sprecherin. Bei den meisten dürften noch Kosten fürs Sicherheit­spersonal hinzukomme­n.

Der Städte- und Gemeindebu­nd NRW weist darauf hin, dass man die verschiede­nen Sicherungs­maßnahmen der Städte nicht miteinande­r vergleiche­n dürfe. „Die örtlichen Gegebenhei­ten sind unterschie­dlich und somit auch die Kosten – gerade von Stadt zu ländlichen Kommunen“, sagt Martin Lehrer, Sprecher des kommunalen Spitzenver­bandes. „Die Städte verhalten sich rechtskonf­orm und ma-

chen das, was man verlangt.“

Dieter Groppe, Landessvor­sitzender der Bundesvere­inigung Cityund Stadtmarke­ting Deutschlan­d (bcsd), kritisiert, dass es keine verbindlic­hen Richtlinie­n für die Sicherung von Weihnachts­märkten gibt. „Selbst innerhalb einer Stadt sind Weihnachts­märkte unterschie­dlich gesichert“, sagte Groppe unserer Redaktion. Das dürfe nicht sein. „Terroriste­n ist es doch egal, ob sie ihren Anschlag in der Innenstadt oder weiter außerhalb verüben“, kritisiert er. Gerade Veranstalt­er kleinerer Märkte in den Stadtteile­n würden unter den fehlenden Richtlinie­n leiden. Diese würden so erst in den Gesprächen mit der Polizei erfahren, was sie tun und wie viel Geld sie dafür ausgeben müssen. Doch das sei viel zu spät. „Manche können die Anforderun­gen dann nicht erfüllen, können die Veranstalt­ung aber nicht mehr absagen, weil längst dafür geworben wird und Verträge abgeschlos­sen wurden“, so Groppe. „Wir fordern das Innenminis­terium auf, einen einheitlic­hen Richtlinie­n-Katalog für zutreffend­e Sicherheit­svorkehrun­gen zu erstellen, damit die Veranstalt­er besser planen können.“

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FOTO: DPA Am Zugang zum Weihnachts­markt auf dem Düsseldorf­er Burgplatz sind in diesem Jahr Betonblöck­e aufgestell­t worden. Dadurch soll der Markt vor Anschlägen mit Lastwagen geschützt werden.

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