Rheinische Post Krefeld Kempen

Kunstrasen – Weltneuhei­t in Krefeld

Der neue Kunstrasen­platz des CHTC ist eröffnet. Der Kunststoff enthält eine Weltsensat­ion: 20 Prozent CO2.

- VON SVEN SCHALLJO

Der neue Platz auf dem Gelände CHTC an der Hüttenalle­e erstrahlt fortan statt grün in strahlende­m Blau. Es ist das sichtbarst­e Zeichen einer absoluten Weltneuhei­t: Der Krefelder Traditions­verein besitzt mit der offizielle­n Eröffnung am Freitag als erster Nutzer überhaupt den modernsten Kunstrasen der Welt. Er wird auch bei Olympia 2020 in Tokio zum Einsatz kommen. Dabei erschöpft sich die Besonderhe­it aber nicht daran, sowie der Tatsache, dass die neuartige Unterlage schneller ist und die Bälle weniger springen. Es ist außerdem ein Produkt aus der Region, und es trägt aktiv zum Umweltschu­tz bei. Denn der auch in Krefeld ansässigen Firma Covestro gelang eine Sensation: Sie brachte das als Treibhausg­as bekannte Kohlendiox­yd (CO2) dazu, mit Hilfe von Katalysato­ren auch ohne großen Energiezus­chuss mit anderen Stoffen zu reagieren und einen Kunststoff zu bilden.

Der NRW-Standortle­iter bei Covestro, Daniel Koch, promoviert­e einst selbst in genau diesem Thema. „Ich habe Ende der 90er drei Jahre zu der Frage geforscht, ob es möglich sei, CO2 in Kunststoff­e einzubauen. Das Ergebnis meiner Forschung mit den damaligen Mitteln war ein klares: Nein“, erzählt er. Heute ist die Ausgangsla­ge anders. „Wir haben in Zusammenar­beit mit der RWTH Aachen moderne Katalysato­ren entdeckt, mit deren Hilfe wir Kohlendiox­yd, eines der reaktionst­rägsten Moleküle, die wir überhaupt kennen, zu einer Reaktion bewegen. Und das ohne große Mengen Ener- gie einzubring­en“, erklärt er. Dabei werde auch tatsächlic­h das Molekül direkt verarbeite­t, ohne es zuvor in Kohlenstof­f und Sauerstoff aufzuspalt­en.

Die Kohlenstof­fatome, die im CO2 enthalten sind, ersetzen im Kunststoff eins zu eins Kohlenstof­f, der sonst aus Öl stammen würde. Derzeit beträgt die Quote rund 20 Prozent. „Das ist mit jetzigen Stand der Technik das Limit.Wir forschen aber weiter. Theoretisc­h sind zwischen 40 und 43 Prozent denkbar“, erklärt der Chemiker. Eigentlich ist die Aussa- ge, der Kunstrasen bestehe aus dem neuen Material Namens Cardyon, nur auf den zweiten Blick richtig. Die tiefblauen Fasern enthalten aktuell andere Stoffe, der neuartige Kunststoff findet sich in der Unterlage. „Aus diesem Material lassen sich vor allem Schäume herstellen. Also Unterlagen, Dämmungen oder Matratzen“, erklärt Koch. Der Kunstrasen selbst wurde von der Firma Polytan verlegt, die das Rohmateria­l aus Dormagen, einige Komponente­n stammen auch aus Krefeld, in ein fertiges Produkt umsetzte.

Für den CHTC bedeutet der Platz viel Prestige. Bereits jetzt kündigten sich mehrere Nationalte­ams zu Trainingsl­agern vor Olympia an. Zu den Kosten wollten Verein und Unternehme­n keine Angaben machen, ließen aber durchblick­en, dass Polytan für das Referenzpr­ojekt einen Preisnachl­ass gegeben habe. CHTC-Clubmanage­r Robert Haake wusste zunächst auch nicht um den umweltfreu­ndlichen Charakter. „Wir wollten einfach den besten Platz haben. Dass er auf CO2-Basis hergestell­t wurde, habe ich erst später erfahren“, berichtet er. Hockey-Nationalsp­ieler Niklas Wellen, der kurz vor dem Abflug zur Weltmeiste­rschaft nach Indien vor Ort war, zeigte sich angetan. „Der Platz ist schnell und macht einen guten Eindruck“, sagt er. Seine ersten Spiele auf dem Geläuf wird er in der Rückrunde der Deutschen Meistersch­aft nach der Hallensais­on bestreiten. Doch schon jetzt ist der CHTC der erste Verein weltweit, der auf dem modernsten und zugleich umweltfreu­ndlichsten Kunstrasen­platz der Welt trainieren kann.

 ?? FOTO: SAMLA ?? Der neue Platz des CHTC aus der Vogelpersp­ektive. Statt wie bislang in Grün ist das Spielfeld jetzt Blau. Der Rasen kommt auch bei den Olympische­n Speilen in Tokio 2020 zum Einsatz.
FOTO: SAMLA Der neue Platz des CHTC aus der Vogelpersp­ektive. Statt wie bislang in Grün ist das Spielfeld jetzt Blau. Der Rasen kommt auch bei den Olympische­n Speilen in Tokio 2020 zum Einsatz.
 ?? FOTO: SVS ?? Bei der Eröffnung des neuen Kunstrasen­platzes. v.l.: Niklas Wellen, Hans-Werner Sartory, Daniel Koch, Luis Beckmann, Robert Haake, Daniel Klomp, Oskar Deecke
FOTO: SVS Bei der Eröffnung des neuen Kunstrasen­platzes. v.l.: Niklas Wellen, Hans-Werner Sartory, Daniel Koch, Luis Beckmann, Robert Haake, Daniel Klomp, Oskar Deecke

Newspapers in German

Newspapers from Germany