Rheinische Post Krefeld Kempen
Was Bewerber von Firmen erwarten
Standardfloskeln statt wichtiger Informationen – immer weniger Fachkräfte bewerben sich auf lieblos formulierte Stellenausschreibungen. Den passenden Job finden Bewerber dank detaillierter Unternehmenspräsentationen.
In Zeiten des Fachkräftemangels müssen sich Unternehmen heute intensiv um Bewerber bemühen. Damit gehen auch neue Anforderungen an Stellenausschreibungen einher.
„Aus einer Umfrage, die wir 2017 unter 2126 Bewerbern durchgeführt haben, können wir gut beschreiben, was sich Bewerber aktuell von Stellenanzeigen wünschen“, erklärt Mathias Heese, Geschäftsführer der Firma softgarden aus Stuttgart. Das Unternehmen bietet Softwarelösungen für innovatives Recruiting und berät Firmen zum Employer Branding. „Früher war die Stellenanzeige ein Instrument der Personalauswahl, heute ist sie ein Mittel, Bewerber für einen Job und für ein Unternehmen zu gewinnen“, zeigt Mathias Heese dieVeränderungen auf. Unternehmen sollten dabei aber nicht zu stark auf die Werbetube drücken. „Bewerber sind mit der aktuellen Qualität der Stellenanzeigen unzufrieden. 73,1 Prozent von ihnen haben schon einmal aufgrund einer schlechten Stellenanzeige eine Bewerbung abgebrochen.“
Besonders häufig wird mangelnder Realismus kritisiert. 42 Prozent machen laut der softgarden-Studie die Erfahrung, dass die Jobrealität nicht hält, was die Stellenausschreibung verspricht und dass die Verhältnisse in der Stellenanzeige schöngeredet werden. Vielen Bewerbern ist die exakte Be- (bü) Auslandseinsatz Wenn ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter ins Ausland schickt, so muss er ihre Reisezeit auch wie Arbeitszeit behandeln und bezahlen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden. Das gelte jedenfalls dann, wenn der Arbeitseinsatz im Ausland nur vorübergehend ist – dann müssen sowohl Hin- als auch Rückreise wie Arbeit vergütet werden. In dem Fall ging es um einen Mitarbeiter eines Bauunternehmens, der nach China entsandt wurde und der insgesamt für Hin- und Rückreise zur ausländischen Baustelle knapp vier Tage unterwegs war. Diese verlangte er bezahlt – und zwar nicht nur in Höhe von acht Stunden pro Tag, die ihm der Arbeitgeber zugestand. Vielmehr verlangte er 37 weitere Stunden, um die komplette Reisezeit abgedeckt zu haben. Und das zu recht, so das BAG. Eine Entsendung für einen Arbeitseinsatz ins Ausland geschehe ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers und somit sei die Hin- und Rückreise wie Arbeit zu vergüten. (BAG, 5 AZR 553/17)
Einsparungen Eine Änderungskündigung „zur bloßen Entgeltreduzierung“(also ohne vorherige Vertragsänderung) ist als ordentliche Kündigung nur dann wirksam, wenn der Firmeninhaber „bei schreibung des Jobs besonders wichtig, dazu gehören auch Angaben zum Gehalt. Das Thema wird in Stellenanzeigen in den meisten Fällen allerdings nicht berührt.
Auch die Online-Plattform StepStone hat Bewerber zum Thema Stellenanzeigen befragt. „Vier von zehn Fachkräften sind unzufrieden mit ihrem Job“, erklärt André Schaefer, Pressesprecher bei StepStone. „Der Grund liegt oft darin, dass Bewerber im Vorfeld zu wenig über das Unternehmen wissen und nicht einschätzen können, ob der Job auch wirklich zu ihnen passt.“Der erste Arbeitstag wird dann schnell zum„Blind Date“. Dabei könnten viele wichtige Kriterien bereits in der Stellenanzeige genannt werden.
„Bewerber interessieren sich für die Arbeitszeitmodelle der Firma und für Entwicklungsund Weiterbildungsmöglichkeiten“, weiß André Schaefer. „Wie ist die Unternehmenskultur und wie wird in der Firma kommuniziert? Das sind typische Fragen, die in einer Stellenanzeige meistens nicht beantwortet werden.“Vielmehr setzen Personaler immer noch auf typische Floskeln, die keinen Mehrwert bieten. So gehen Bewerber natürlich davon aus, dass die Tätigkeit „angemessen vergütet“wird. Auch der oft gelesene Hinweis auf „flache Hierarchien“ist nicht hilfreich. Viele Stellenanzeigen sehen auch optisch heute immer noch so aus wie vor 20 Jahren in der Tageszeitung. Dabei ist die Jobausschreibung das Aufrechterhaltung der bisherigen Personalstruktur“weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstünden. Und wenn diese Einbußen zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebs führen. Eine solche Situation setze regelmäßig einen umfassenden Sanierungsplan voraus, „der alle milderen Mittel ausschöpft“. (BAG, 2 AZR 783/16)
Betriebsstilllegung Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat entschieden, dass ein Pilot, der von seinem bisherigen Arbeitgeber (Air Berlin) wegen der Betriebsstilllegung die Kündigung erhalten hat, sich nicht mit der Begründung gegen die Entlassung wehren kann, es habe sich um einen Betriebsübergang und nicht um eine Stilllegung gehandelt. Liegen die von ihm angeführten (Teil-)Betriebsübergänge (unter anderem Vermögenswerte sowie Start- und Landerechte gingen auf Eurowings, Lufthansa oder Easyjet über) außerhalb seines Einsatzortes, so seien sie für ihn nicht relevant. Ist sein arbeitsvertraglich vereinbarter Einsatzort auf einen einzigen beschränkt (hier ging es um Düsseldorf ), so müsse auf die anderen (Köln, Stuttgart und Hamburg) nicht verwiesen werden. (LAG Düsseldorf, 1 Sa 337/17) Aushängeschild für ein Unternehmen. „Im Employer Branding spielt die Stellenanzeige eine wichtige Rolle“, betont Schaefer. „Sie ist der erste Kontaktpunkt zwischen Unternehmen und Bewerber.“
StepStone schafft derzeit im Rahmen der Offensive „Jobsuche der Zukunft“die Stellenanzeige in ihrer klassischen Form ab. „Alle Jobangebote sind dann mehr als nur reine Beschreibungen von Tätigkeit und Unternehmen“, erklärt André Schaefer. „Die neuen Stellenanzeigen machen Jobs erlebbar und beinhalten Videos, 360° Views in die Büroräume und Interviewszenen von Mitarbeitern, die den Arbeitgeber beschreiben.“Bei StepStone erhalten Bewerber zukünf- tig einen detaillierten Einblick in das Unternehmen. So stellen sich beispielsweise die Amazonen-Werke H.Dreyer GmbH & Co.KG bei ihrer Suche nach einem Leiter Service Kommunaltechnik mit Bildern, Videos und Arbeitgeberbewertungen vor. Der Landmaschinenhersteller aus Niedersachsen hat dazu ein umfangreiches Unternehmensportrait zusammengestellt. Bei einer 360-Grad-Office Tour können Bewerber die Firma sogar schon von Zuhause aus „erleben.“
Wer interessante Bewerber auf sich aufmerksam machen möchte, muss sich etwas einfallen lassen. Große Kunden verfügen über Marketingabteilungen und ein großes Budget. Kleinen Unternehmen gelingt es oft nicht, ihre Vorzüge als Arbeitgeber an potenzielle Kandidaten zu vermitteln. Doch viele Unternehmen stehen unter enormen Druck durch fehlendes Personal. Ganze Abteilungen sind unterbesetzt, Aufträge werden nicht abgearbeitet oder müssen abgelehnt werden, Umsatzpotenziale können nicht gehoben werden. „Mit unseren neuen Produkten geben wir auch diesen Unternehmen die Möglichkeit, mit vergleichsweise wenig Aufwand ihre Employer Brand authentisch zu vermitteln“, zeigt André Schaefer die Vorteile auf. „Die Individualität und Abgrenzung ergibt sich aus authentischen Inhalten, Bildern oder Videos, die entweder selbst oder durch spezialisierte Agenturen erstellt werden.“Unternehmen, die bisher gar keine Karriereseite haben, bekommen mit der neuen Stellenanzeige einen hochwertigen Employer-Branding-Auftritt mit hoher Reichweite. „Auch von kleineren Unternehmen haben wir viele positive Rückmeldungen bekommen, denn die neue Anzeigenstruktur macht es ihnen noch leichter, genau die Informationen bereit zu stellen, die Kandidaten sich wünschen“, betont Schaefer. „Wir erleben in den Gesprächen mit unseren Kunden auch, dass die Unternehmen bereit sind, in eine bessere Candidate Experience zu investieren, weil es sich für sie in Form passender Bewerber auszahlt.“
„Die Bewerber interessieren sich für Arbeitszeiten und Weiterbildung“
André Schaefer Pressesprecher von StepStone
RECHT & ARBEIT