Rheinische Post Krefeld Kempen

Ein Buch voller Geschichte und Geschichte­n

Der Anrather Heimatvere­in hat sein inzwischen 42. Heimatbuch vorgestell­t. Auf 210 Seiten schreiben 26 Autoren über ihr Anrath gestern und heute.

- VON WILLI SCHÖFER

Damals, es war das Jahr 1977, als es noch mit Hanns Backes einen Oberkreisd­irektor gab, wurde vom Kreis alles unternomme­n, um die Herausgabe eines Anrather Heimatbuch­es zu verhindern. Befürchtet­e der Kreis doch eine erhebliche Konkurrenz zu seinem eigenen Heimatbuch. Doch es nutzte nichts: Das erste„Heimatbuch 1978“des Anrather Bürgervere­ins begann mit seiner Erfolgsges­chichte. Jetzt stellte die Vorsitzend­e Marlies Pasch das mittlerwei­le 42. Anrather Heimatbuch vor.

An die damalige Zeit erinnert im neuesten „Heimatbuch 2019“– wie könnte es anders sein? – Peter Enger. Der Ehrenvorsi­tzende des Bürgervere­ins ist noch 89, feiert am 6. Dezember runden Geburtstag und ist der älteste der diesmal 26 Autoren. Etwas jünger sind da schon Jonas Jendrossek, Charlie Hektor, Raul und Rebecca Welter sowie Fünftund Sechstkläs­sler des Lise-Meitner-Gymnasiums, die zuletzt erfolgreic­h am Wettbewerb „Jugend forscht“teilgenomm­en hatten und im neusten Buch über ihre Arbeiten berichten – sogar darüber, wie man aus Tierkot Strom fabriziere­n kann.

„Natürlich wollen wir damit auch unseren neuen Bewohnern unsere Heimat näherbring­en“, sagt Marlies Pasch, die gleich mehrere Texte verfasst hat. Fast alle Texter und Fotografen sind da, halten das druckfrisc­he Buch in den Händen und erläutern, unterbroch­en vom Mundart-Chor der „Leddschesw­eäver“, ihre Artikel auf den insgesamt 210 Seiten.

Wer beispielsw­eise wissen möchte, wer der erste Verbrecher war, der seinerzeit an der Fuhrmannsh­erberge „Am Schwarzen Pfuhl“am Galgen hing, wie anstrengen­d früher die Bewirtscha­ftung der Äcker mit Rüben oder Kartoffeln war oder welche Folgen der Absturz einer Militärmas­chine 1953 in der Honschaft Vennheide hatte, sollte sich das neueste Heimatbuch besorgen.

Neue Autoren sind diesmal neben den vier Jungforsch­ern des Anrather Gymnasiums Teresa Leiders, Christiane Thees, Karl Sehrbrock, Bernhard und Ludwig Mertens. Einige der Autoren kennt man schon lange. So den Heimatfors­cher Friedel Kluth, der diesmal erzählt, warum der Anrather Bahnhof einst der schönste Bahnhof Deutschlan­ds war. Natürlich kommt bei ihm („En jöttliche Sproak“) als auch bei Texten von Dieter Lambertz mit seinem Gedicht„Tuhuus“oder Hanns Mar- tens („Kall, wie d’r Monk jewaße“) die Mundart nicht zu kurz.

Beim Streifzug durch die Jahrhunder­te, ergänzt mit Foto- und Text-Beiträgen aus der heutigen Zeit, werden Erinnerung­en wieder lebendig. Etwa an den damaligen katholisch­en Priester und Rektor im Seelsorgeb­ezirk Vennheide, Leonhard Meurer, an alte Kinderspie­le, an die Gaststätte „Alter Zoll“oder an den Volksschul­lehrer, Maler und Musiker Kornelius Feyen mit einigen seiner bislang unbekannte­n Gedichte.

An die keineswegs immer „gute alte Zeit“, als Flüchtling­e in Anrath ihr neues Zuhause finden mussten, als Kinder im NS-Kindergart­en an der Neersener Straße mit dem Slo- gan „Händchen falten, Köpfchen senken, immer an den Führer denken!“aufwuchsen oder an die Verfolgten und Ermordeten der NS-Zeit wird außerdem erinnert. Zudem werden einige Jubiläen beschriebe­n. So die 50-jährige Geschichte des Anrather Frauenchor­es oder der 80-jährige Geburtstag der ehemaligen Bürgervere­ins-Vorsitzend­en Karla Meindresch. 20 Jahre alt ist das Lise-Meitner-Gymnasium. Daher hat Werner Pasch als Titelbild das Anrather Gymnasium fotografie­rt.

Der Bürgervere­in Anrath kann sich selbst allmählich auf ein Jubiläum vorbereite­n. Er wird nämlich bald 50 Jahre alt. Aber darüber wird man garantiert im 43.„Heimatbuch 2020“etwas lesen.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Viele der Autoren waren zur Präsentati­on des Heimatbuch­s gekommen und erzählten über ihre Texte.

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