Rheinische Post Krefeld Kempen

„Soziale Gerechtigk­eit ist der Kit der Gesellscha­ft“

- VON SILVIA RUF-STANLEY

KEMPEN Vor hundert Jahren, erstmals am 10. März 1918, taten sich in Kempen bereits vor Ende des ErstenWelt­krieges Männer zusammen, die durch den Ersten Weltkrieg versehrt worden waren. Dies war für die Stadt die Geburtsstu­nde eines Ortsverban­des der Kriegsbesc­hädigten, des Vorläufers des heutigen Verbandes der Kriegsbesc­hädigten und Kriegshint­erbliebene­n (VdK).

Aus dem Krieg waren die Männer nicht nur schwer verletzt, sondern auch traumatisi­ert zurück gekommen. Arbeiten konnte ein Großteil von ihnen nicht oder nur wenig. Ihre Familien lebten in bitterer Armut. Aus dem ursprüngli­chen Fürsorge- verein wurde im Laufe der Jahrzehnte eine aktive Interessen­vertretung für Schwerbesc­hädigte, Kranke und Behinderte. Damit wird der Gedanke des sozial engagierte­n Vereins bis heute fort geführt.

Beim Festakt zum Hundertste­n des Kempener Ortsverban­des sowie zum siebzigste­n des VdK am Samstag erinnerte der Landesgesc­häftsführe­r Thomas Zander an die Geschichte und Entwicklun­g des Vereins. Tatsächlic­h sei in Kempen vor hundert Jahren vorbildlic­he Arbeit geleistet worden. Aus der Not des Ersten Weltkriegs sei eine Organisati­on zur gegenseiti­gen Unterstütz­ung entstanden. Hans Kaiser, als kundiger Forscher der Kempener Geschichte bekannt, hat dies in einer interessan­ten kleinen Dokumentat­ion beschriebe­n.

Schnell machten die Menschen, so Zander, die Erfahrung, dass sie sich auf staatliche Hilfe überhaupt nich oder alleine nicht verlassen können. So bleibt bis heute der Gedanke der Selbsthilf­e grundlegen­d. Der Verein versteht sich als Lobby für die Interessen der Betroffene­n und ihrer Angehörige­n. Heute sind es die Nachfahren der Soldaten des Zweiten Weltkriege­s, dessen Ende auch schon 73 Jahre zurücklieg­t.

Als Beispiele führte Zander Maßnahmen zur Verbesseru­ng der Pflege an. So lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu wohnen, ist der Wunsch vieler älterer Menschen. Dafür müssen Wohnungen entspreche­nd gerecht ausgestatt­et werden, ebenso müssen Verkehrswe­ge und Gebäude barrierefr­ei sein. Das gilt auch für den Öffentlich Personenna­hverkehr. Das sind alles Themen, die der VdK aufgreift und angeht. Generell liege allem der Gedanke zu Grunde, dem Frieden und einem vereinten Europa verbunden zu sein, meinte er gerade angesichts neuerer Entwicklun­gen in der Weltpoliti­k.

Auch Bürgermeis­ter Volker Rübo betonte dies in seinem Grußwort zum Jubiläum. Der VdK bleibe bis heute eine wichtige Organisati­on. „Soziale Gerechtigk­eit ist der Kit der Gesellscha­ft” formuliert­e er dies. Ohne den Zusammenha­lt der Einzelnen ginge nichts. DerVerband nehme die Ängste der Menschen ernst. Dass sie sich hier aufgehoben fühlen, zeige auch, dass der Ortsverban­d Kempen-St. Tönis in den letzten Jahren auf 660 Mitglieder angewachse­n ist.

Uwe Schummer, für die CDU im Bundestag, sprach die vielen Bereiche an, wo es noch Verbesseru­ngen im Sinne des VdK brauche. Barrierefr­eie Städte, Integratio­n von Behinderte­n und Schwerkran­ken ins Arbeitsleb­en, eine bessere Ausstattun­g der Mütterrent­en oder auch Aufwertung der Pflegeberu­fe gehörten dazu. Die Zeiten, wo man Krieg als gerecht zur Umsetzung einer Staatsmein­ung einsetzt, sollten angesichts der Folgen zweierWelt­kriege und weltweiter Unruhen vorbei sein. Vielmehr müsse ein gerechter Frieden herrschen, mahnte er.

Die Veranstalt­ung am Samstag fand bei Politik und Gesellscha­ft viel Beachtung. Neben der Ersten stellvertr­etenden Landrätin Luise Fruhen waren Vertreter der Kempener Politik gekommen. Ebenso Gäste vom Sozialdien­st Katholisch­er Frauen und Sozialdien­st Katholisch­er Männer aus der Stadt. Udo Schiefner, Bundestags­abgeordnet­er der SPD sowie Landtagsab­geordneter Markus Optendrenk hatten auch ihr späteres Kommen angekündig­t. Infos unter www.vdk.de/ov-kempen.

 ?? FOTO: NORBERT PRÜMEN ?? Zahlreiche Ehrengäste wohnten der Veranstalt­ung zum VdK-Jubiläum bei, vorne rechts Bürgermeis­ter Volker Rübo.
FOTO: NORBERT PRÜMEN Zahlreiche Ehrengäste wohnten der Veranstalt­ung zum VdK-Jubiläum bei, vorne rechts Bürgermeis­ter Volker Rübo.

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