Rheinische Post Krefeld Kempen

Erste Frauen-WG für Opfer von Gewalt

Häusliche Gewalt nimmt weiter zu. Der Sozialdien­st Katholisch­er Frauen startet deshalb das Projekt „Second Stage“.

- VON BÄRBEL KLEINELSEN

Häusliche Gewalt ist ein Thema, das längst keins mehr sein sollte. Als das Frauenschu­tzhaus in Krefeld 1982 gegründet wurde, förderte man es als Projekt, das hoffentlic­h schon bald nicht mehr notwendig sein würde. Das Wunschdenk­en vieler Landespoli­tiker erfüllte sich nicht. Was blieb, war die Projektför­derung, an die das Frauenschu­tzhaus des Sozialdien­stes katholisch­er Frauen (SKF) bis heute gebunden ist.

Die Gewalt gegen Frauen jedoch, meist eine Kombinatio­n aus körperlich­er, ökonomisch­er und verbaler Gewalt, hat in all den Jahren stetig zugenommen. Landesweit stieg die Zahl der Strafanzei­gen von 1997 bis 2016 um 38,3 Prozent. Auch in Krefeld ist das gut spürbar. „Das Haus war eigentlich als Kriseneinr­ichtung gedacht, die spontan aufnehmen sollte. Das ist jedoch kaum möglich, da fast immer alle Plätze belegt sind“, bedauert Leiterin Martina Müller-West.

Derzeit leben acht Frauen mit ihren Kindern in dem Haus. Sie kommen meist aus anderen Städten, haben alle Verbindung­en zu ihrem früheren Leben abgebroche­n. Ihr Aufenthalt soll zeitlich begrenzt sein. „Das Problem ist, dass wir immer mehr Schwierigk­eiten haben, bezahlbare Wohnungen für die Frauen und ihre Kinder in Krefeld zu finden. Dadurch müssen viele länger bleiben als geplant“, beschreibt Tanja Himer die Situation. Hinzu käme, dass viele Frauen überforder­t seien, sofort komplett auf eigenen Füßen zu stehen. „Die Frauen, die bei uns Schutz suchen, werden immer jünger. Viele sind zwischen 20 und 30 Jahre alt und haben noch nie alleine gelebt. Bislang bestimmte der Mann über ihr Leben, davor waren es die Eltern. Diese Frauen brauchen auch nach ihrem Aufenthalt im Frauenhaus Unterstütz­ung“, erklärt Müller-West.

Der SKF will deswegen das Projekt „Second Stage“starten, das sich in den Niederland­en bereits etabliert hat. Es ist eine Art Wohngemein­schaft, in der drei Frauen mit ihren Kindern leben. Die rund 100 Quadratmet­er große Schutzwohn­ung wird vom Sozialdien­st angemietet, der die Zimmer an die Frauen vergibt und sie vor Ort bei ihrem Start ins neue Leben unterstütz­t. Eine An- schubfinan­zierung von 15.000 Euro kam jetzt vom Krefelder Zonta-Club (wir berichtete­n). „Ohne dieses Geld hätten wir an eine Realisieru­ng des Projektes gar nicht denken können. Das war schon eine große Hilfe“, sagt Vorsitzend­e Anne Schneider. Sie erklärt, warum eine solcheWohn­ung so wichtig ist.„Ohne eine Meldeadres­se können die Frauen ihre Kinder nicht in Kindergart­en oder Schule anmelden.“

Und noch einen positiven Nebeneffek­t hätte eine solche Wohnung: Sie würde das Frauenschu­tzhaus entlasten, das dann vielleicht Platz hätte, um kurzfristi­g Frauen in Not aufnehmen zu können. Dass dies auch in Zukunft notwendig sein wird, daran zweifelt beim SKF keiner. Auch wenn das Haus dann wahrschein­lich immer noch als Projekt vom Land gefördert wird.

Spenden auf das Konto:

IBAN DE31 3205 0000 0000 0018 18 bei der Sparkasse Krefeld, Stichwort „Second Stage-Projekt“

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FOTO: BK Überzeugt vom neuen Projekt: Martina Müller-West, Leiterin des Frauen- und Kinderschu­tzhauses, Anne Schneider und Tanja Himer vom SKF (v.l.).

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