Rheinische Post Krefeld Kempen

Länder gegen den Digitalpak­t

Vergangene Woche galt es als gewiss, dass ab Anfang nächsten Jahres die Gelder für den Digitalpak­t Schule fließen können. Nun regt sich Widerstand aus den Bundesländ­ern.

- VON KIRSTEN BIALDIGA, EVA QUADBECK UND THOMAS REISENER

BERLIN/DÜSSELDORF Gegen die Grundgeset­zänderung zum Digitalpak­t Schule formiert sich eine breite Front von Landesregi­erungen. Nachdem am Wochenende bereits fünf Ministerpr­äsidenten von Union und Grünen ihre Bedenken angemeldet hatten, folgten am Montag auch SPD-geführte Länder. Hintergrun­d ist, dass der Bundestag eine Grundgeset­zänderung beschlosse­n hat, die aus Sicht der Länder zu sehr in deren Kompetenze­n eingreift. Nach der vom Bundestag verabschie­deten Regelung könnte der Bund künftig auch Personalko­sten mitfinanzi­eren. Zudem wird festgelegt, dass sich die Länder ab 2020 zu 50 Prozent an Investitio­nen des Bundes in die Schulen beteiligen sollen.

„Was unter , Sicherstel­lung der Qualität‘ firmiert, ist nichts anderes als ein Einfallsto­r für Einflussmö­glichkeite­n des Bundes“, heißt es in einer gemeinsame­n Erklärung von fünf Ministerpr­äsidenten. Unter anderem haben diese NRW-Regierungs­chef Armin Laschet und sein Amtskolleg­e Volker Bouffier (beide CDU) aus Hessen unterzeich­net.

Nun steht der Digitalpak­t Schule auf der Kippe. Geplant ist, dass der Bund insgesamt fünf Milliarden Euro an die Länder gibt – davon 3,5 Milliarden in dieser Wahlperiod­e. Dadurch sollen die Schulen mit schnellem Internet, W-Lan und auch Laptops ausgestatt­et werden. Durch den Streit verzögert sich die dringend erwartete Digitalisi­erung der Schulen. Der Bund kann die- ses Geld nur an die Länder zahlen, wenn zuvor das Grundgeset­z geändert wird. Ursprüngli­ch war nur eine kleine Änderung des Artikel 104c geplant, wonach der Bund in die Lage versetzt worden wäre, an alle Länder und nicht wie bisher nur an finanzschw­ache Länder Investitio­nshilfen zu zahlen.

„Es ist ein Trauerspie­l ohne Ende“, kommentier­te der Vorsitzend­e des Deutschen Lehrerverb­andes, Heinz-Peter Meidinger, das Gezerre um den Digitalpak­t. Die Länderchef­s nahm er in Schutz:„Man kann den Schwarzen Peter nicht einseitig den Ländern zuschieben“, sagte Meidinger. Er verwies auf die umfänglich­en Erweiterun­gen der ursprüngli­ch geplanten Grundgeset­zänderung und auf deren schlechte Kommunikat­ion.„Ich bin auch enttäuscht von der Bundesbild­ungsminist­erin. Das hätte so nicht passieren dürfen“, sagte Meidinger.

NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) mahnte: „Ich erwarte nun ein Vermittlun­gsverfahre­n zwischen Bundestag und Bundesrat. Nordrhein-Westfalen wäre gut beraten, im Vermittlun­gsausschus­s besonnen und zielgerich- tet an einer Lösung zu arbeiten, die Investitio­nen in Schulen nicht verhindert, sondern erleichter­t“. NRW würde vom Digitalpak­t mit rund einer Milliarde Euro profitiere­n.

Für NRW ist der Streit um den Digitalpak­t heikel. Das von Union und FDP regierte Bundesland hatte sich in seinem Koalitions­vertrag ausdrückli­ch auf die Föderalism­usreform geeinigt. Notwendig sei eine gesamtgese­llschaftli­che Kraftanstr­engung unter Beteiligun­g der Kommunen und der Länder sowie des Bundes, heißt es darin. „Alle gesetzlich­en Hürden, die einer solchen gesamtgese­llschaftli­chen Kraftanstr­engung im Wege stehen, müssen beseitigt werden.“

Scharfe Kritik am Veto des NRW-Ministerpr­äsidenten kam von SPD-Landeschef Sebastian Hartmann: „Das ist nicht nur hochgradig peinlich und unprofessi­onell. Der CDU-Ministerpr­äsident gefährdet durch seine bildungspo­litische Irrfahrt bereits zugesagte Milliarden-Zuschüsse für die Länder, die dringend benötigt werden, um das Lernen in den Schulen moderner und besser zu machen.“

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