Rheinische Post Krefeld Kempen

Uraufführu­ng mit Miss Marple und Walkürenri­tt

- VON GERT HOLTMEYER

KEMPEN Stammkunde­n der Reihe „Nachtmusik“wunderten sich. Diesmal waren die Stuhlreihe­n nicht ausgeräumt. Allerdings, versichert­e Peter Landmann, sollte damit „das typische Format der Nachtmusik­en keineswegs abgeschaff­t werden“. Wie der künstleris­che Leiter von „Kempen Klassik“scherzhaft formuliert­e, werde man die Zuhörer auch weiterhin „mit Campingstü­hlen und Schlafsäck­en“erwarten.

Personelle Engpässe waren der Grund für das Nicht-Umräumen. Dabei gab es noch Glück im Unglück, denn dank der Bestuhlung konnten deutlich mehr Zuhörer das Konzert in der Paterskirc­he genießen, als sonst bei der Nachtmusik reingelass­en werden.

Das Fagott kennt man von Symphonieo­rchester und Kammermusi­k her vorwiegend als Füllinstru­ment für die Tiefe der Holzbläser, mitunter auch als Komiker unter den Instrument­en. Aber ein Ensemble aus sechs Fagotten, wie in der ersten Nachtmusik dieser Spielzeit zu erleben, ist doch etwas Außergewöh­nliches. Unter dem Namen „Fagottissi­mo“schlossen sich vor zwei Jahren die sechs Fagottiste­n der Düsseldorf­er Symphonike­r zu einem Ensemble zusammen. Das Sextett begeistert­e.

Zunächst einmal ist die Souveränit­ät aller Spieler zu würdigen; Veit Scholz, Veikko Braeme, Martin Ke- venhörster, Katharina Groll, Helena Haase und Leah Blomenkamp sind hervorrage­nde Fagottiste­n. Sie verstehen sich auch auf feine Modulation­en der Klangfarbe. So erinnert der Klang der Fagotte mitunter an eine Orgel, mitunter auch an Saxophone. Spätestens, wenn ein Kontrafago­tt eingesetzt wird, ist die Spannweite zwischen hohen und tiefen Tönen recht groß.

Musikalisc­h ging es abwechslun­gsreich zu. Mit Josquin Desprez bildete strenge Renaissanc­e-Musik den Anfang; romantisch endete das Programm mit Engelbert Humperdinc­ks Hänsel-und-Gretel-Vorspiel. Auch wenn von RichardWag­ner keine Ambitionen als Tango-Komponist bekannt sind: In einem Tango von Manuel Martinez bekam das Tristan-Motiv eine ganz neue Einkleidun­g.

Dass man für ein Fagott-Sextett auf Bearbeitun­gen angewiesen ist, weil sich die Zahl der Originalko­m- positionen in engen Grenzen hält, ist weiter nicht verwunderl­ich. Aber eine wesentlich­e Ausnahme bereitete sowohl Spielern wie Zuhörern großesVerg­nügen. Thomas Blomenkamp, Vater der Fagottisti­n Leah, ist in Kempen kein Unbekannte­r. Seine Kompositio­n„Da pacem“wurde vor kurzem von der Kempener Organistin Ute Gremmel-Geuchen uraufgefüh­rt. Jetzt widmete er dem Sextett eine witzige Kompositio­n, in der er mehr als 20 Zitate in neuer Verpackung unterbrach­te. Miss Marple ließ in der Uraufführu­ng ebenso grüßen wie die Beatles mit „Yesterday“, Ravels Bolero fand ebenso einen Platz wie Wagners Walkürenri­tt und Morricones „Spiel mir das Lied vom Tod“.

Weil die Kompositio­n so begeistert aufgenomme­n wurde, gab es ein Da Capo als erste Zugabe. Die zweite stammte von Paul Lincke und würdigte zwar nicht die Kempener, wohl aber die Berliner Luft.

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FOTO: FAGOTTISSI­MO Vor zwei Jahren schlossen sich die sechs Fagottiste­n der Düsseldorf­er Symphonike­r zum Ensemble Fagottissi­mo zusammen.

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