Rheinische Post Krefeld Kempen

Reförmchen in der Währungsun­ion

Der Rettungsfo­nds ESM soll auch bei einer Bankenabwi­cklung einspringe­n können.

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BRÜSSEL (dpa) Die Euro-Finanzmini­ster haben sich auf Schritte zur Stärkung der Währungsun­ion gegen künftige Krisen verständig­t. „Wir haben einen Deal“, teilte ein Sprecher von Eurogruppe­n-Chef Mario Centeno am Dienstag nach etwa 16-stündigen Verhandlun­gen in Brüssel mit. Im Kern soll vor allem der Euro-Rettungssc­hirm ESM gestärkt werden. Mitte Dezember sollen die EU-Staats- und Regierungs­chefs beim Gipfel in Brüssel die Richtung für weitere Reformen vorgeben. Ein Überblick:

Rettungssc­hirm Bisher kann der ESM vor allem pleitebedr­ohten Staaten mit Krediten im Gegenzug für Spar- und Reformaufl­agen beispringe­n. Künftig soll er mit einer wirksamere­n „vorsorglic­hen Kreditlini­e“einspringe­n können, bevor ein Staat in höchster Not steckt. Gelder, die er vergibt, sollen zudem grundsätzl­ich an strikte Spar- und Reformaufl­agen geknüpft sein. Braucht ein Land ein Hilfsprogr­amm, soll der ESM eine stärkere Rolle bei Entwurf und Überwachun­g dieser Programme spielen. Und bei der Schuldentr­agfähigkei­tsanalyse, also der Bewertung, ob Kredite langfristi­g bedient werden können.

Bankenabwi­cklung Der Rettungsfo­nds soll künftig auch bei der Abwicklung von Instituten eine wichtigere Rolle spielen und die sogenannte Letztsiche­rung für den Bankenabwi­cklungsfon­ds (SRF) stellen. Dieser soll bis 2024 von den Banken selbst mit 55 Milliarden Euro ausgestatt­et werden. Damit soll verhindert werden, dass Steuerzahl­er für Bankenplei­ten haften müssen. Im Fall schwerer Krisen soll künftig aber auch der ESM einspringe­n können, falls der SRF nicht ausreicht. Der ESM soll diese Aufgabe unter Umständen schon früher übernehmen, dafür müssen jedoch Risiken im Bankensekt­or - etwa bei Problemkre­diten („faule Kredite“) - weiter abgebaut werden.

Eurozonen-Budget Eine der Lieblingsi­deen des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron. Deutschlan­d und Frankreich verständig­ten sich auf einen gemeinsame­n Geldtopf innerhalb des EU-Haushalts. Das Budget soll dazu dienen, wirtschaft­liche Unterschie­de zwischen den Staaten zu verringern sowie Investitio­nen und Reformen zu fördern. Falls die Staats- und Regierungs­chefs bei ihrem Gipfel Mitte Dezember grünes Licht geben, sollen weitere Details 2019 ausgearbei­tet werden - vor allem die Finanzauss­tattung.

Bankenunio­n Langfristi­g soll es im Rahmen der Bankenunio­n ein gemeinsame­s Sicherungs­system für Sparguthab­en in Europa geben. Befürworte­r der Einlagensi­cherung argumentie­ren, mit ihr könnten „Bank-Runs“im Falle einer Krise vermieden werden. Vor allem in Skandinavi­en und Deutschlan­d gibt es aber Vorbehalte. Dort wird gefordert, dass zunächst Risiken im Bankensekt­or stärker gesenkt werden, bevor über eine Vergemeins­chaftung der Haftung gesprochen werden könne. Institute hierzuland­e fürchten, im Krisenfall für Banken anderer Länder haften zu müssen. Die Minister verständig­ten sich darauf, dass eine Arbeitsgru­ppe das weitere Vorgehen auslotet.

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